Volltext: Fragen an Liechtenstein

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Liechtenstein überhaupt im Gespräch ist? Ich meine nein, denn der 
Schritt vom Gespräch zum Gerede ist nur klein. 
Allerdings: Ist dem Liechtensteiner nicht oft das bequeme Kuriosum 
selbst am liebsten? Hausiert er nicht selbst oft genug mit dem Zufall, 
dem Relikt Liechtenstein? Hält er nicht jeden Ausländer für banau- 
senhaft und unhöflich, wenn dieser auf Informationen nicht andäch 
tig staunend mit «Ja, gibfs denn sowas?» reagiert? Können wir nur 
noch als Kuriosum konkurrieren? Diese harte Frage müssen wir uns 
gefallen lassen. 
Das angedeutete Image ist ein treuer Begleiter des Liechtensteiners 
im Ausland. Zu ändern freilich ist es am leichtesten an der Basis, das 
heißt im Lande selbst. Das Angebot an Informationen muß zu die 
sem Zwecke eine quantitative wie qualitative Steigerung erfahren. 
Manches wurde mit beschränkten Mitteln getan, mehr muß getan 
werden. In der Hauszeitschrift der Firma Kraus-Thomson in Nen- 
deln standen unter dem Titel «Liechtensteiner Selbstdarstellung» fol 
gende Sätze zu lesen (Folio, Nr. 4, 1971): «Zu lange hatte man es 
allen möglichen Kräften außerhalb unseres Landes überlassen (müs 
sen?), ein weitgehend einseitiges und falsches Bild über Liechtenstein 
in der Welt zu verbreiten. Die negativen Folgen dieser Unterlassun 
gen (die von der früheren Situation Liechtensteins als volkswirt 
schaftlich unbedeutender Kleinstaat aus gesehen verständlich sind) 
wurden uns indessen erst in neuerer Zeit voll bewußt, und zwar in 
politischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht.» Die liechtensteinische 
Industrie bemühe sich schon seit Jahren um eine bessere Selbstdar 
stellung. Mit Erfolg, wie man weiß. 
Man kann zusammenfassen: Liechtenstein muß sich heute im Ausland 
als lebensfähiger, geradezu «normaler» Staat (nicht als Paradies oder 
Operettenstaat) mit fest verankerten, historisch gewachsenen Grund 
lagen, einer gefestigten politischen Struktur, einer hochstehenden 
Wirtschaft und kultureller Ausstrahlungskraft profilieren. 
Das Stichwort «Kultur» ist gefallen. Dr. Georg Malin hat in seinem 
Vortrag «Zur liechtensteinischen Kulturpolitik» auf das Potential 
hingewiesen, das in Kulturgütern und kulturellen Aktivitäten liegt. 
Mit Recht, wie mir scheint, hat er neben genutzten auch von unge 
nutzten Möglichkeiten gesprochen. Ein Beispiel in diesem Zusammen 
hang: Am 19. Oktober 1971 wurde in Basel der mit Fr. 20 000.— 
dotierte und von der Johann-Wolfgang-Goethe-Stiftung in Basel ins 
Leben gerufene Jacob-Burckhardt-Preis verliehen. Der Preis be 
inhaltet auch noch ein Stipendium für begabte Studenten. Diese Stif 
tung hatte ihren Sitz seit den dreißiger Jahren in Vaduz, Fürstentum 
Liechtenstein. Heute nicht mehr. War diese Tatsache bekannt, hat
	        

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