Volltext: Motivenbericht zum Neuen Steuergesetz des Fürstentum [!] Liechtenstein

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Volkswirtschast; in einem armen Lande verbietet sie sich von 
selbst. 
Werden alle diese Momente in Anschlag gebracht, Io mag 
trotzdem .sowohl die formale Gestaltung des Entwurfes wie ¿er 
materielle Aufbau des Steuersystems zunächst befremden; denn 
weder entspricht der Entwurf in seinem Umfang und in der 
'Vielzahl seiner Bestimmungen dem in Liechtenstein bisher übli 
chen, geringen Ausmast der Steuergesetze, noch versteht es sich 
von selbst, dast ein Neben- und Ineinander verschiedener 
Steuern die beste Lösung des Finanzproblems darstellt. Beides 
findet in der juristischen und ökonomischen Struktur des mo-' 
dernen Staates seine Erklärung. Was zunächst die formale Ge 
staltung angeht, so ist der Umfang des Entwurfes durch die Tat 
sache bedingt, dass es sich darum handelt, eine erschöpfende 
Steuerordnung zu geben, die die gesamte Steuermaterie regelt 
' und als Ergänzung nur noch eines Stempel- und eines Zoll 
gesetzes bedarf. Zudem ist alles für den Steuerpflichtigen Wich 
tige in dem Gesetz unmittelbar enthalten, so dost ihm das übliche 
zusätzliche Studium von schwer zugänglichen und schwer ver 
ständlichen Ausführungsverordnung erspart bleibt. 
Ist die Steuer im modernen Rechtsstaate ein Rechtsver 
hältnis, so must auch der gesamte Inhalt und Umfang der 
Steuerpflicht gesetzlich umschrieben sein. Dadurch wird zwar for 
mal der Umfang des Steuergesetzes von 1865 weit überschrit 
ten, aber es wird'eine wirksame rechtliche Festlegung der gesam 
ten Steuerverhältnisse erreicht, dem Steuerpflichtigen wird wirk 
samer Schutz gegen die Fiskalität der Verwaltung geboten, und 
auch der Grundsatz der Bestimmtheit der Steuer verwirklicht, 
der ein gut Teil des Odiums seder Steuer beseitigt; denn eine 
jede Steuer wird leichter getragen, wenn man die eigene Last 
wie die Last jedes Andern genau umschrieben und berechenbar 
weist. 
Wie.der Umfang des Entwurfes aus der besonderen, recht 
lichen Natur des modernen Staates, so folgt die relative Viel 
zahl der Steuern aus dessen besonderen ökonomischen Struktur. 
Eine einzige Steuer, seit je das Ideal einiger wirklichkeitsfrem 
den Phantasten, ist wirtschaftlich unmöglich, wenn die Wirt 
schaft selbst eine immer grössere Zahl von Erwerbs- und Ver 
kehrsarten ausbildet. Die Finanzkunst aller Zeiten hat ihre 
Ausgabe darin gesehen, und deshalb ist sie eine Kunst, die Be 
deckung des öffentlichen Bedarfes auf eine Mehrzahl von Steu 
ern zu verteilen, teils wegen der 'Ergänzungsbedürftigkeit jeder 
Steuer um ihrer Zücken willen, teils deshalb, well die jeder 
Steuer innewohnende Härte desto stärker empfunden werden 
must, je gröster der durch eine einzelne Steuer zu bedeckende
	        

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