Volltext: Motivenbericht zum Neuen Steuergesetz des Fürstentum [!] Liechtenstein

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bedenklicher zusttmmen kann, als bei der Erbschaftssteuer keine 
Erleichterung stattfindet und er daher beim Erbübergang das 
bis dahin geschonte Vermögen in voller Höhe zu ersassen 
vermag. 
Zu Abschnitt II: Die Erbschasts- und Schenkungssteuer. 
Die Erhebung einer Erbschaftssteuer ist prinzipiell auf 
zwei verschiedenen Wegen möglich: 1. durch Besteuerung der 
Erbmasse, des Nachlasses und 2. durch Besteuerung des auf den 
einzelnen Erben entfallenden Teiles, des Erbanfalls. Eine 
Besteuerung der Erbmasse hat den Vorteil, dass sie die Gesamt 
heit des zur Vererbung gelangenden Vermögens erfassen kcmn, 
wodurch einmal eine schlüssige Nachprüfung der gesamten bis 
herigen Deklarationen des Erblassers möglich wird, zum an 
dern durch Erhebung progressiver Sätze eine Besteuerung der 
großen Vermögen in einem Grade möglich scheint, der dem all 
gemeinen sozialen Empfinden der Zeit entspricht. Prüft man 
aber genauer die wirtschaftliche Bedeutung und soziale Wirkung 
einer progressiven Nachlaßsteuer, die also eine Erbmasse von 
100,000 Franken auch relativ sehr viel stärker heranziehen 
müßte, als einen Nachlaß von 50,000 Franken, diesen wieder 
sehr viel stärker als einen Nachlaß von 20,000 Franken, so er 
gibt sich ein völliges Ilngenügen des Kriteriums der Größe der 
Erbmasse. 
Wenn nach Ableben des Vaters jedes seiner fünf Kinder 
einen Betrag von Fr. 10,000 erbt, so ist jedes dieser Kinder, 
deshalb weil sein Erbteil bisher Bestandteil eines Gesamtver- 
möaens von Fr. 50,000 gewesen ist, gewiß steuerlich nicht 
leistungsfähiger als der einzige Sohn eines Vaters, der seinem 
Sohn ungeteilt ein Vermögen von Fr. 10,000 hinterläßt. 
Eine progressive Nachlaßsteuer wirkt als relativ härtere Bela 
stung kinderreicher Erblasser und ist daher nur bei ganz mäßi 
gen Progressionen erträglich, dann aber weder steuerlich ergie 
big noch theoretisch befriedigend, da sie die größere steuerliche 
Leistungsfähigkeit, wie sie durch einen größeren Erbanfall tat 
sächlich gegeben ist, gänzlich außer Betracht läßt. 
Andererseits der zweite Weg, die Besteuerung des Erb 
anfalls, ist für sich allein ebensowenig beftiedigend. Nur bei 
einer Besteuerung des Nachlasses selbst besteht einige Sicherheit, 
daß kein Vermögensbestandteil dem Auge des Fiskus entzogen 
wird, eine Sicherung, deren er umsomehr bedarf, als die In 
ventarisation des Nachlasses (Art. 60) nicht nur Wahrheits 
bürge der früheren Deklarationen, sondern auch Mittel der 
nunmehrigen vollen Erfassung der gesamten Vermögensmasse 
ist. Dazu kommt, daß die Erbanfallsteuer die Funktionen der
	        

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