Volltext: Ferdinand Nigg (1865-1949)

VORWORT ZUR AUSSTELLUNG 
IN ST. NIKOLAI LEIPZIG 
Nichts verbindet Ferdinand Nigg bisher mit Leipzig, 
speziell mit der Nikolaikirche. Nichts wissen die Leipzi- 
ger, auch die meisten Künstler und Kunstexperten 
unter ihnen, bisher von Ferdinand Nigg. Weshalb dann 
Nigg in St. Nikolai? Nur um ein Stück Nichts zu füllen? 
Die Anfänge gehören ins Reich des Zufalls. Nigg in 
dem Teil des deutschen Kulturraums bekannt zu 
machen, in dem er einmal gewirkt hat und in dem er 
heute so unbekannt ist, war ein Gedanke. Dafür einen 
kirchlichen Ausstellungsraum zu finden, war eine 
naheliegende Konsequenz. Denn Niggs Schaffen war 
in beträchtlichem Masse religiös, und die Kirche war 
zur Zeit der ersten Vorbereitungen für diese Ausstel- 
lung, das war 1988, offen für Fremdes, nicht misstrau- 
‚sch, bürokratisch, vereinnahmend. «Nikolaikirche — 
offen für alle» — das war das Stichwort, war das 
Programm hier seit einem Jahrzehnt. 
Nigg war ein Wegbereiter der Moderne in der Kunst, 
auch in der religiösen Kunst. St. Nikolai konnte —- unter 
anderen und anderem —- Wegbereiterin eines Neuen 
sein. 
Gotik und Klassizismus geben sich in St. Nikolai die 
Hand. Am Ende des 18. Jahrhunderts war diese Kirche 
<unstgeschichtliche Avantgarde, ein Versuch, das Mit- 
telalter zu modernisieren. Das ist lange her. Neogotik 
und zarter Jugendstil waren die letzten Erneuerungs- 
versuche, ehe das Zeitalter der denkmalpflegerischen 
Restaurierung anbrach. (Wohl wichtig!} Aber keine 
Berührung mit Expressionismus, Kubismus, auch kei- 
ne theologische Auseinandersetzung geschah. Moder- 
nes Kunstgewerbe: dessen nahm sich das Grassi- 
museum In Leipzig an. Die protestantische Kirche als 
konservative Kraft — bis zur überraschenden «religiö- 
sen Geburtshilfe» des Jahres 1989. 
Die Kunst braucht, wenn sie leben will, Wagnis zu 
neuen Formen. Christlicher Glaube in unserer Zeit, 
wenn er leben will, braucht Wagnis zu neuen Formen. 
ıdeen, Begegnungen. 
Nichts verbindet Ferdinand Nigg mit Leipzig, speziell 
mit der Nikolaikirche — wirklich nichts? 
Arndt Haubold 
Pfarrer an St. Nikolai 
ıC
	        

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