Volltext: Ferdinand Nigg (1865-1949)

VORWORT ZUR AUSSTELLUNG 
IM DOM ZU MAGDEBURG - 
Ferdinand Niggs Wirken an der Magdeburger Kunstge- 
werbeschule bedeutet künstlerische Aufbruchszeit — 
das Wagnis der Moderne, der Aufbruch aus erstarrtem 
Formalismus, Introduktion zu Kommendem. 
Die Suche einer Beziehung von Kunst und Gewerbe, 
von Gestaltung und Alltäglichem, erschliesst und be- 
wahrt eine Gegenwart in seinem Werkprozess. 
Die christlichen Motive — sie widerspiegeln sich in 
Niggs Werk von Anfang an und zunehmend —- weisen 
zurück. Es sind traditionelle Themen christlicher Kunst 
und Frömmigkeit. 
Vorausgestalten und Zurückgreifen bringen eine Span- 
nung In die entsprechenden Werke, die sich nicht ein- 
fach auflöst: der in Deutschland wirkende, in Europa 
ausstellende Künstler und der kindlich-bodenständig 
religiös gewachsene Liechtensteiner. Nigg war als 
Künstler, nicht als Glaubender zur Moderne aufge- 
brochen. 
In seiner Magdeburger Zeit wird Ferdinand Nigg den 
Dom gesehen haben. Der monumentale und doch 
liturgisch arm gewordene, nun protestantische Kir- 
chenraum hat den Katholiken nicht herausgefordert. 
Erst die Kölner Kirchen haben nach seiner Magdebur- 
ger Zeit seine Textilkkunst immer mehr zur Paramentik 
gedrängt. 
Es bedarf nicht der religiösen Werke in Niggs Schaffen, 
um die Ausstellung im Magdeburger Dom zu begrün- 
den. Für Ferdinand Nigg waren christliche Motive keine 
auszuwählende künstlerische Thematik, sondern Aus- 
druck seiner selbst. 
Was mich für Ferdinand Nigg und den Gedanken an 
eine Ausstellung im Dom einnahm, war das Bewusst- 
sein seines künstlerischen Aufbruchs aus erstarrtem 
Formalismus. 
Wir wollten aufbrechen — wie viele in der DDR, in Mag- 
deburg, im Dom. Wir haben die Zeit erlebt. 
Der Magdeburger Dom ist ein steinernes Bilderbuch 
des Glaubens, aber er war nie eine Bildergalerie. Wenn 
wir dennoch in den Jahren immer wieder Ausstellun- 
gen in Ihm gezeigt haben — christliche Zeugnisse in 
einer atheistischen Umwelt, Engagements kirchlicher 
Basisgruppen, junge verfemte Künstler — dann hatten 
sie alle eins gemein: aufzubrechen aus einer erstarrten 
Wirklichkeit. 
Ferdinand Niggs Kunst gehört nach Magdeburg, weil 
etwas aufbrechen muss und aufbrechen wird in die- 
ser Stadt, die einmal eine Kunstgewerbeschule hatte. 
Noch war erst der Dom dafür offen. Aber schon das ist 
gut so. 
Wir würden Niggs Kunst hier nicht kennenlernen ohne 
die leidenschaftlich I!yrische und gestaltende Seele sei- 
ner Biographin Evi Kliemand, ohne das fördernde, un- 
eigennützige Engagement Robert Allgäuers in der Fer- 
dinand Nigg Stiftung, ohne die liebevolle Mühe und 
Begleitung des Malers Martin Frommelt. Mein Dank 
an sie steht für ein Stück Magdeburger Geschichte und 
Gegenwart. 
Giselher Quast 
Domprediger
	        

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