Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht Seine Person ist geheiligt und unverletzlich." Die Staatsgewalt selbst ist im Fürsten und im Volke verankert (Art. 2). Im Unterschied zur Verfassung 1862, nach der der Fürst alleiniger Inhaber der Staatsgewalt war (§ 2 Abs. I 1862), ist der Fürst nach der Verfassung 1921 nur Anteilshaber an der Staatsgewalt. In der Ausübung derselben tritt er neben anderen Staatsorganen auf. Dabei ist er ein "efficient part" im Staats- gefüge. Die Ausübung der Staatsgewalt ist auf seine Mitwirkung angewie­ sen. Der Fürst ist eine Partialgewalt im Staat und besitzt machtvollen Anteil an den Kompetenzen. Er kann sich wirksam gegen die anderen Staats­ organe stellen und gegen sie seine absolute Vetomacht einsetzen. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verfassung ist der Fürst zugleich "Oberhaupt des Staates". Er ist es, ohne Inhaber, sondern nur Anteilshaber an der Staatsgewalt zu sein. In der Funktion als Staatsoberhaupt repräsentiert er den Gesamtstaat, alle, das Volk, die anderen Organe sowie sich selbst als Teilgewalt. Rechtlich neben anderen zu einem Prozentanteil an den Kompetenzen beteiligt, ist er Repräsentant des Staates zu 100 Prozent. In der letzteren Funktion ist der Fürst gewissermassen das Band, das die Vielen und das Land umschliesst. Er ist nicht Partei gegenüber den ande­ ren im Staat. Beim Amtsantritt verspricht er, Liechtenstein in seiner "Integrität" (Art. 13) zu erhalten. In diesem Begriff dürfte mehr als die blosse territoriale Unversehrtheit, nämlich das Gesamte des Staates in seiner Integrität umschlossen oder impliziert sein. Wenn der Fürst "den Staat in allen seinen Verhältnissen" nach aussen vertritt (Art. 8 Abs. 1), kann er dies nur tun, wenn er nach innerem Konsens im Namen aller auftreten kann und die Gesamtvertretung nicht dazu benützt, seine kompetentielle Partialmacht gegen andere für alle rechtsverbindlich durchzusetzen. Wenn der Zivilrichter oder der Strafrichter gemäss alter Regel und Praxis (Art. 99 Abs. 1 Verfassung; § 413 ZPO) sein Urteil "im Namen Seiner Durchlaucht des Landesfürsten" verkündet, spricht er nicht im Namen der einen Teilgewalt neben derjenigen des Volkes, son­ dern im Namen des Staatsoberhauptes oder, verfassungsstaatlich ausge­ drückt, im Namen der Gesamtrepräsentation des Staates, d.h. des Staates selbst. Wenn Art. 114 Abs. 1 der Verfassung das persönliche "Meine Regierung" verwendet, ist darunter die Regierung des Repräsentanten aller zu verstehen. Wenn die Regierungsmitglieder und die Staatsange­ stellten dem Landesfürsten "Treue" schwören (Art. 109), ist dies wohl eine Erklärung in bezug auf die Gesamtrepräsentation des Staates. 93
	        

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