Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht bb) Rechtlich zulässige Aufträge des Landesfürsten oder des Landtages Gemäss Art. 92 Abs. 1 obliegt der Regierung "der Vollzug aller ... recht lich zulässigen Aufträge des Landesfürsten oder des Landtages". Walter Kieber weist darauf hin, dass im Staatsrecht unter "Auftrag" oder "Man dat" die Vollmacht zu verstehen ist, "mit welcher ein Staatsorgan berech tigt wird, eine bestimmte Kompetenz eines anderen (auftraggebenden) Staatsorgans in dessen Namen auszuüben; die Kompetenz verbleibt der Substanz nach beim auftraggebenden Staatsorgan; die Ausübung der Kompetenz liegt in den Händen des beauftragten Staatsorgans.""6 Mit anderen Worten: der Fürst und der Landtag können ihnen selbst zuste hende Geschäfte der Regierung auftragsweise übertragen, nicht solche, die der Regierung zustehen. Im Falle solcher Aufträge ist das Stellvertre tungsverhältnis um der kompetentiellen berechenbaren Eindeutigkeit, der Transparenz und der Zurechenbarkeit willen jeweils nach aussen kundzugeben. Die Verfassung enthält keinerlei Einzelbestimmungen, die eine Ertei lung von Aufträgen des Fürsten oder des Landtages an die Kollegialre gierung vorsehen, im Unterschied etwa zu den Bestimmungen über die Beauftragung einzelner Bevollmächtigter zur Eröffnung und Schliessung des Landtages (Art. 54 Abs. 1 und 55). Auch in den einfachen Gesetzen sind keine solchen Auftragsmöglichkeiten statuiert. Welcher Sinn ist der abstrakten Formulierung von Art. 92 Abs. 1 der Verfassung zu entneh men? Wird berücksichtigt, dass das verfassungsmässige Legalitätsprinzip allgemein gilt und seine rechtsstaatliche Tragweite gerade im Bereich der Gewaltenteilung, der Zuständigkeiten und der Zurechenbarkeit der ent sprechenden Verantwortlichkeiten entfaltet,117 wird im Sinne einer "har monisierenden" Auslegung118 angenommen werden können, dass der Verfassunggeber mit der offenen Formulierung "rechtlich zulässige Auf träge" dem einfachen Gesetzgeber das Recht einräumen wollte, in defi nierten Einzelbereichen und unter Berücksichtigung der Kompetenz- und Funktionsverteilung der Verfassung Auftragsmöglichkeiten vorzu sehen. Der Gesetzgeber hat von solchen Möglichkeiten bisher nicht Gebrauch gemacht. 1.6 Vgl. Ausführungen Waller Kieber in diesem Band, S. 305ff.; Schenke, S. l!8ff., 148ff.; Triepel, S. 22ff.; 131 ff.; AntoniolH/Koja, S. 31 Of. 1.7 Vgl. Ausführungen vorn S. 29f. »« StGH 1982/39 LES 1983, S. 117f. 75