Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht auch im Bereich der Gesetzgebung nicht Weisungsuntergebene des Für­ sten. Sie ist, worauf Dietmar Willoweit hinweist, für ihre Vorlagen nicht aus der Verantwortung entlassen, sondern für jede Vorlage, über welche die Kollegialregierung (bei Stimmzwang!) entscheidet, verantwortlich.108 Im Falle der Gesetzvorlagen zur Durchführung der Verfassung gemäss Art. 114 ist die Regierung direkt an die Dauerverpflichtung der Verfas­ sung gebunden. Ein wohl unzulässiger Eingriff in das System der doppelseitig verant­ wortlichen Kollegialregierung erfolgte, als der Landtag 1969 das von der Schweiz mit ihrem arideren Staatsbau kopierte Gesetzesmotionsrecht gegenüber der Regierung - gegen den Willen der damaligen Regieriing, die ihren Standpunkt vielleicht schlecht vertrat - sich aneignete. § 31 der seit 1989 geltenden Geschäftsordnung des Landtages lautet (gleich wie §29GOLT 1969): "Motionen sind selbständige Anträge, durch welche (durch den Land­ tag) der Regierung der" Auftrag erteilt wird, den Erlass, die Abände­ rung oder die Aufhebung einer Verfassungsvorschrift, eines Gesetzes oder eines Landtagsbeschlusses vorzubereiten oder in Vorschlag zu bringen." Im liechtensteinischen, dual-elliptisch strukturierten Staatsbau von 1921, in dem die Ausübung der Staatsgewalt diesen Strukturen folgt und diese zugleich durch weitere Organe bereichert (Regierung, Justiz) und die Regierung dem Fürsten und dem Landtag verantwortlich ist, muss die Regierung für ihre Handlungen frei bleiben. Wenn jeder der beiden Fak­ toren, Fürst und Landtag, von sich aus einseitig der Regierung "Auf­ träge", d.h. Weisungen erteilen kann, wird die Regierung nicht nur unter­ worfen, sondern wird das fein gesetzte Mischsystem mit der nach zwei Seiten verantwortlichen Regierung auch verzerrt und wird'die Regierung zwischen zwei Weisungsberechtigten zerrieben. Die doppelseitige Ver­ antwortlichkeit der Regierung ist dergestalt-paradoxerweise zugleich ein Element ihrer relativen Stärke und Unabhängigkeit. Insofern ist die liechtensteinische Regierung unabhängiger als in Ländern, wo die Regie­ rung einem einzigen Organ (Parlament) gegenübersteht. ,a Willoweit, Verfassungsiiiterpreution, S. 203ff.; vgl. dazu auch Ausführungen S. 74 Abs. 2 a.E. hinten. Seit der Verfassungsrevision von 1965 (LGB1. 1965/22) ist der Stimmzwang der Regierungsmitglieder für Beschlüsse der Kollegialregierung ausdrück­ lich verfassungsrechtlich verankert (Art. 81). 69
	        

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