Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit Art. 97: "Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, unterliegen sämtliche Entscheidungen und Verfügungen der Regierung dem Rechtsmittel der Beschwerde an die Verwaltungsbeschwerde-Instanz. Dieselbe besteht aus einem vom Landesfürsten über Vorschlag des Landtages ernannten rechtskundigen53 Vorsitzenden und dessen Stellvertreter sowie vier vom Landtage gewählten Rekursrichtern mit ebenso vielen Stellvertretern. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen gebür­ tige54 Liechtensteiner sein. Ihre Amtsdauer fällt mit jener des Landtages zusammen und endet mit ihrer Neubestellung.53 Der Landtag hat in seiner ersten Sitzung für das Amt des Vorsitzenden und des Stellvertreters Vorschläge zu machen sowie die Rekursrichter und deren Stellvertreter zu wählen." Art. 98: "Die näheren Bestimmungen zur Sicherung richterlicher Unabhängig­ keit der Mitglieder der Beschwerdeinstanz, über das Verfahren, über die Ausstandspflicht, über die Entlohnung und über die von den Par­ teien zu entrichtenden Gebühren werden durch ein besonderes Gesetz getroffen'7. SJ Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen rechtskundig sein, worunter gemäss einem Gutachten des StGH vom Jahre 1953 (Entscheidungen der Liechtensteinischen Gerichtshöfe von 1947 bis 1954, S. 274ff.) nicht unbedingt die Absolvierung eines rechts- wissenschafdichen Studiums verstanden wird. Demnach gelten auch Personen als rechts­ kundig, "die der im Lande bestehenden Rechtsvorschriften in vollem Umfange mächtig . sind." Ich persönlich kenne niemanden, der diesem hohen Anspruch genügen könnte. w Die Bestimmung, dass der Vorsitzende und der Stellvertreter gebürtige Liechtensteiner sein müssen, ist meines Erachtens eine Folge der übergrossen - aufgrund der damaligen leidvollen Erfahrungen jedoch verständlichen - Angst der Exponenten der Volkspanei vor allem Auslindischen. Dass jeglicher ausländische Einfluss auf Liechtenstein ohne Rück­ sicht auf die tatsächliche Gesinnung des einzelnen Ausländers abgelehnt wurde, ist im Bei­ trag von Rupert Quaderer in diesem Band im Zusammenhang mit der sogenannten Peer- Frage trefflich dargestellt worden, (vgl. Quaderer, Hintergrund, S. 122ff. in diesem Band) 55 Der erste Satz von Absatz 2 des Art. 97 LV wurde vom Landtag durch Beschluss (LGB1. 1929/5) dahingehend authentisch interpretiert, dass jedesmal, wenn der Landtag, aus welchem Grund auch immer, aufgelöst wird, nach der sich daran anschliessenden Land- tagswahl in der ersten Sitzung des Landtages auch die VBI neu zu bestellen ist. Dies bedeutet, dass die Amtsdauer der VBI nicht nur abläuft, wenn die normale vierjährige Mandatsperiode des Landtages gem. Art. 47 Abs. 1 LV abläuft, sondern auch, falls der Landtag "unter der Zeit" durch den Fürsten oder aufgrund einer Volksabstimmung auf­ gelöst wird: So geschehen im vergangenen Herbst, als die eben erst vereidigte VBI nach den Wahlen vom 22./24. Oktober 1993 im Januar 1994 erneut bestellt wurde. - Anders beim StGH: Die Verfassung enthält keine Amtsdauer-Norm, jedoch werden die Mitglie­ der des StGH gem. Art. 4 Abs. 1 StGHG auf die fixe Dauer von 5 Jahren vom Landtag gewählt, und es ist der StGH in der Folge vom Bestand des Landtages unabhängig. 351
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.