Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Regierung, Regierungschef, Landesverwaltung werden. Hier ist die Frage zu prüfen, welche Akte der Gegenzeich­ nungspflicht unterliegen und welche davon ausgenommen sind. Die Ver­ fassung spricht in Art. 85 und 86 von Erlassen, Verordnungen und Reso­ lutionen. Nach den Grundsätzen des Rechts- und Verfassungsstaates sind darunter alle Akte zu verstehen, die der Fürst in inneren und äusse­ ren Angelegenheiten des Staates aufgrund der ihm in der Verfassung oder in Gesetzen12 zugewiesenen Kompetenzen in eigener Initiative oder über Antrag des Regierungschefs (Art. 86) oder der Regierung setzt. Es ent­ spricht dem. rechtsstaatlichen Postulat lückenloser Verantwortungs­ pflicht allen amtlichen Tuns, dass es keine gegenzeichnungsfreien Regie­ rungshandlungen des-Fürsten gibt. Ausnahmen ergeben sich aus der Natur der Sache. So kann zum Beispiel die Ernennung oder die Amts­ enthebung des Regierungschefs auch ohne Gegenzeichnung erfolgen. In beiden Fällen wäre es widersinnig, eine Gegenzeichnung zu verlangen; im ersten Fall, weil die Gegenzeichnung nichts anderes, als die Annahme des Amtes beinhaltet, im zweiten Fall, weil der Regierurigschef durch die Verweigerung. der Gegenzeichnung seine Amtsenthebung verhindern konnte. Obwohl die Verfassung von 1921 im Unterschied zur Verfassung von 1862 keine Bestimmung enthält, die. die Gegenzeichnung zum Gültig­ keitserfordernis erhebt, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass gegen- zeichnungspflichtige Akte des Fürsten, denen die Gegenzeichnung durch den Regierungschef fehlt, ungültig sind. Dies lässt sich aus dem System des Art. 2.der Verfassung unmittelbar ableiten. Alle Handlungen des Fürsten, die ausserhalb der Regierungsgewalt liegen, unterstehen nicht der Gegenzeichnungspflicht. Dazu gehören alle privatrechtlichen Handlungen und rein privaten Äusserungen des Für­ sten sowie die Entscheidungen und Verfügungen, die der Fürst als Regie­ rer des Fürstlichen Hauses im Rahmen des Hausgesetzes trifft. Nicht gegenzeichnungspflichtig ist prinzipiell auch das Hausgesetz des Fürst­ lichen Hauses Liechtenstein, da es sich dabei um eine, auf überkomme­ nem Fürstenrecht beruhende und von der Verfassung anerkannte, auto­ nome Satzung über Ehren-, Familien- und Vermögensrechte handelt, die 12 Z.B. die Errichtung von Auslandsvertretungen, Ernennung von Botschaftern oder Gesandten, LGBI. 1952 Nr. 20; Verleihung des Staatsbürgerrechtes, LGB1. 1960 Nr. 23. 321
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.