Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Regierung, Regierungschef, Landesverwaltung Es bleibt die Frage zu prüfen, was unter "Aufträgen" des Landesfür­ sten oder des Landtags zu verstehen ist, deren Vollzug gemäss Art. 92 der Verfassung der Regierung obliegt. Im Zivilrecht spricht man von einem Auftrag, wenn jemand ein ihm von einem anderen aufgetragenes Geschäft im Namen des anderen zur Besorgung übernimmt. Im Staatsrecht hat der Begriff "Auftrag" oder "Mandat" keinen anderen Inhalt. Darunter ist die Vollmacht zu verste­ hen, mit welcher ein Staatsorgan berechtigt wird, eine bestimmte Kom­ petenz eines anderen (auftraggebenden) Staatsorgans in dessen Namen auszuüben; die Kompetenz verbleibt der Substanz nach beim auftragge­ benden Staatsorgan; die Ausübung der Kompetenz liegt in den Händen des beauftragten Staatsorgans. Die Art und Weise, wie die Kompeten­ zausübung zu erfolgen hat, kann vom auftraggebenden Staatsorgan im Rahmen des Auftrags selbstverständlich vorgegeben werden. Bei der Ausübung der Kompetenz durch das beauftragte Staatsorgan muss, um hinsichtlich Zuständigkeit und Verantwortlichkeit volle Transparenz zu schaffen, das Bestehen eines Auftragsverhältnisses nach aussen ersicht­ lich gemacht werden. Die in Art. 13bu der Verfassung vorgesehene Ein­ setzung eines Stellvertreters des Landesfürsten ist, wenn auch unter anderen Voraussetzungen und Zielsetzungen, verfassungsrechtlich eben­ falls nichts anderes als ein solcher Auftrag. Vom Auftrag (Mandat) ist die Delegation zu unterscheiden, bei der die Kompetenz als solche übertragen wird. Eine Delegation von Kompeten­ zen ist beispielsweise in Art. 78 Abs. 2, 3 und 4 der Verfassung vorge­ sehen. Artikel 92 der Verfassung spricht von "rechtlich zulässigen" Aufträ­ gen des Landesfürsten oder des Landtags. Mit dieser einschränkenden Bestimmung will die Verfassung sicherlich nicht ausdrücken, dass ein Auftrag nur dann erteilt werden darf, wenn die Verfassung dies aus­ drücklich vorsieht; tatsächlich ist diesbezüglich in der Verfassung keine konkrete Vorschrift anzutreffen. Vielmehr fordert diese Bestimmung, dass der Auftrag nicht gegen die Verfassung Verstössen, 
im besonderen die .verfassungsmässige Kompetenzordnung und das der Verfassung innewohnende Gewaltentrennungsprinzip nicht verletzen darf. Die Prü­ fung, ob der Auftrag verfassungskonform ist, liegt in der Hand der Regierung. Wenn sie zur Auffassung gelangt, dass dies nicht der Fall ist, darf sie den Auftrag nicht vollziehen. 305
	        

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