Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Regierung, Regierungschef, Landesverwaltung wird ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen können.4 Bei dieser Betrachtungs­ weise tritt an die Stelle des "rechtlichen Müssens" ein "faktisch-politi­ sches Müssen". Der Landesfürst kann sich einem solchen faktisch-politi- schen Müssen nur dadurch entziehen, dass er den Landtag auflöst.5 Ein solcher Schritt mag in Art. 48 der Verfassung eine formelle Stütze finden, er steht aber in offenkundigem Widerspruch zu unserem dualen Verfassungssystem; schliesslich ist der vom Landtag geformte Wille gemäss Staatslehre unmittelbar als Wille des Volkes anzusehen. 2. Die staatsrechtliche Verantwortlichkeit Gemäss Art. 62 lit. g der Verfassung hat der Landtag die Kompetenz, gegen Mitglieder der Regierung wegen Verletzung der Verfassung oder sonstiger Gesetze vor dem Staatsgerichtshof Anklage zu erheben. Diese Verfassungsnorm hat in Art. 14 und Art. 44ff. des Gesetzes'über den Staatsgerichtshof vom 5. November 1925, LGBl. 1925 Nr. 8, eine nähere Ausgestaltung erfahren. Art. 44 des Staatsgerichtshofgesetzes spricht von einer Ministeran­ klage gegen Mitglieder der Regierung wegen Verletzung der Verfassung oder der Gesetze, wenn diese Verletzung in Ausübung der Amtstätigkeit absichtlich oder grobfahrlässig stattgefunden hat. Für die Anklageerhe­ bung bedarf es eines Beschlusses des Landtags mit einer Zwei-Drittel- Mehrheit aller Abgeordneten. Diese Bestimmung steht allerdings mit Art. 58 der Verfassung nicht im Einklang, wo es heisst, dass zu einem gültigen Beschluss des Landtags die Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten und die absolute Mehr­ heit unter den anwesenden Mitgliedern erforderlich ist," soweit in der Verfassung oder in der Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt wird. Im Gegensatz zur Geltendmachung der politischen Verantwortlich­ keit setzt "die staatsrechtliche Verantwortlichkeit eine an rechtlichen Massstäben messbare Fehlleistung, also ein schuldhaft-pflichtwidriges Verhalten des betreffenden Regierungsmitglieds voraus. Endet das Mini- ' So auch die Meinung des Landesfürsten (siehe Thronrede vor dem Landtag vom 12. Mai 1993). 5 In der Weimarer Republik wurden Misstrauensanträge gegen die Regierung dadurch ver­ hindert oder doch erschwert, dass der Reichspräsident bei einem sich abzeichnenden Misstrauensvotum mit der Auflösung des Parlaments drohte und diese Drohung oft genug auch verwirklichte. (Koja, Allgemeine Staatslehre 1993, S. 261). 299
	        

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