Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Peter Wolff ten des Monarchen und den Rechten des Volkes und der Volksvertretung herzustellen, da eine juristisch hieb- und stichfeste Konfliktregelung zwangsläufig entweder dem Monarchen oder den Volksrechten ein Ubergewicht einräumen müsste. Eine andere - theoretische - Interpretationsmöglichkeit wäre es, der Regierung aufgrund von Art. 78 Abs. 1 LV eine so unabhängige Stellung zuzubilligen, dass die Regierung in ihrer Politik praktisch von den Vor­ stellungen des Fürsten und des Landtages unbeeinflusst agieren könnte. Im Gegensatz zu anderen Meinungen sehe ich eine solche Stellung der Regierung in der Verfassung 1921 nicht verwirklicht - ganz bestimmt nicht hinsichtlich der Vertretung nach aussen, nachdem Art. 8 Abs. 1 der Verfassung ja nur von einer nötigen "Mitwirkung" der Regierung, nicht aber etwa von einer Dominanz der Regierung bei Gestaltung der aus­ wärtigen Angelegenheiten spricht. Ich glaube daher, dass es unsere Verfassung Fürst und Regierung zur Aufgabe macht, auf dem Gebiet der Aussenpolitik auf einen gemein­ samen Nenner zu kommen, wobei im Rahmen der innerstaatlichen Willensbildung zweifellos auch der Landtag eine gewisse Rolle spielt. In diesem Zusammenhang möchte ich auch ein Wort zu einem Auf­ satz von Felix Ermacora in der LJZ 1986 Seite 125ff. sagen. Ermacora zitiert in diesem Aufsatz "Der Herrscher und der Abschluss von Staatsverträgen" zwar Art. 8 LV anfänglich richtig, befasst sich dann in seiner Analyse jedoch überhaupt nicht mit der Bedeutung und den Auswirkungen des 1921 neu dazugekommenen Einschubes "unbeschadet der erforderlichen Mitwirkung der verantwortlichen Regierung" und kommt so zu einem Ergebnis, das wohl besser zu einer Analyse von § 23 der Konstitutionellen Verfassung 1862 gepasst hätte. Auch sonst muss ich leider feststellen, dass dieser Aufsatz Ermacoras eine Reihe offensichtlicher Fehler enthält - wie z.B., dass die Vertre­ tungsbefugnis des Landesfürsten erstmals in Art. 8 der Verfassung 1921 festgelegt worden sei, dass unsere Verfassung keine Regel über die nötige Mitwirkung eines verantwortlichen Ministers bei der Ausübung der Regierungsgewalt durch den Landesfürsten kenne und dass die liechten­ steinische Verfassung kein Legalitätsprinzip kenne - so dass meiner Mei­ nung nach dieser Aufsatz über liechtensteinisches Verfassungsrecht im Gegensatz zu allen anderen mir bekannten Arbeiten dieses zu Recht hoch geschätzten Rechtswissenschafters nicht als massgebend angesehen werden kann. 284
	        

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