Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Verfassung- und Gesetzgebung tag nicht dringlich erklärte Gesetze ergriffen werden. Die Quoren sind dieselben wie bei der Volksinitiative: 1000 Unterschriften oder drei über­ einstimmende Gemeindeversammlungsbeschlüsse beim Gesetzesrefe­ rendum und 1500 Unterschriften bzw. vier Gemeindeversammlungsbe­ schlüsse beim Verfassungsreferendum. Auch das Prozedere für die Unterschriftenbeglaubigung ist gleich wie bei der Initiative (Art. 69 VRG). Indessen beträgt die Referendumsfrist nur 30 Tage ab Kundma­ chung des referendumspflichtigen Erlasses (An. 70 Abs. 1 lit. a VRG), während die Frist für die Unterschriftensammlung bei der Volksinitia­ tive, wie erwähnt, sechs Wochen beträgt. Bei Zustandekommen des Referendums hat die Regierung innert 14 Tagen eine Volksabstimmung anzuberaumen, welche innerhalb von drei Monaten durchzuführen ist (Art. 72 Abs. 1 VRG). Das Referendum wird in Liechtenstein weit weniger häufig ergriffen als in der Schweiz. Seit 1921 waren es nur sechzehn Referenden, doch waren nicht weniger als zehn erfolgreich.70 Im Gegensatz zur Volks­ initiative, die im Prinzip innovativ wirkt, ist das Referendum eine den status quo stabilisierende Einrichtung. Wie im Zusammenhang mit dem Vernehmlassungsverfahren schon ausgeführt wurde, hat allein schon das drohende Referendum einen prophylaktischen, innovationshemmenden Effekt. Für die Schweiz ist die Wirkung des Referendums denn auch schon mit derjenigen eines "konservativ gestimmten Oberhauses" ver­ glichen worden.71 Im Unterschied zur Schweiz gibt es in Liechtenstein kein obligato­ risches Referendum.72 Dagegen steht es dem Landtag frei, ein von ihm verabschiedetes Gesetz von sich aus dem Referendum zu unterstellen. verabschiedete Gesetze. Weiter gibt der bisher loies Recht gebliebene Abs. 3 dem Land­ tag die Kompetenz, eine Volksbefragung über die Grundsätze eines zu erlassenden Gesetzes durchführen zu lassen. Schliesslich regelt Abs. 6 die Abstimmung aufgrund einer Volksinitiative. Siehe zum Ganzen auch M. Batliner, S. 177, der allerdings auf den umfassenden Referendumsbegriff der liechtensteinischen Verfassung nicht eingeht. 71 Waschkuhn, S. 326. 71 M. Batliner, S. I80f. mit Nachweisen. Vgl. auch Ritter, Demokratie, S. 5f. und Wasch­ kuhn, S. 324. 72 Allerdings bestehen zwei eher kuriose Ausnahmen: Auf Landesebene sieht Art. 51 des Steuergesetzes ein obligatorisches Referendum für den Fall einer mehr als 50%igen Erhöhung des Steuersatzes vor. Vgl. hierzu M. Batliner, S. 182 sowie Ritter, Demokratie, S. 7 Anm. 46. Beide äussern zu Recht Bedenken gegen diese allein auf Gesetzesstufe erfolgte Ausweitung der Volksrechte. Unter diesem Aspekt noch fragwürdiger ist die zweite Ausnahme. Denn nur gerade mittels Verordnung geregelt ist ein obligatorisches Gemeindereferendum für diejenigen Bauvorhaben, welche 20% der jährlichen Gesamt­ ausgaben der jeweiligen Gemeinde übersteigen (Art. 1 der Verordnung LGB1. 1973/34). 221
	        

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