Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Verfassung- und Gesetzgebung Vertreters 
und die Kundmachung im Landesgesetzblatt erforderlich (Art. 65 Abs. 1 LV). Das Volk nimmt allenfalls im Rahmen der Volksabstim­ mung am Gesetzgebungsverfahren teil (Art. 65 Abs. 2 LV).6 Bei generell-abstrakten Rechtsvorschriften, welche nicht in diesem formellen Gesetzgebungsverfahren ergehen,7 handelt es sich um Verord­ nungen. Sie werden im Gegensatz zu den Gesetzen mit wenigen Aus­ nahmen8 von der Regierung erlassen und allein vom Regierungschef unterzeichnet. Was die inhaltliche Abgrenzung zwischen Gesetz und Verordnung angeht, so müssen nach der Rechtsprechung des Staatsge­ richtshofes "grundlegende, wichtige, primäre und nicht unumstrittene Bestimmungen" als Gesetz und nicht nur als Verordnung erlassen wer­ den.9 Ergehen solche wichtigen Bestimmungen trotzdem nur in Verord­ nungsform, so fehlt die gesetzliche Grundlage, die Verordnung ist damit verfassungswidrig.10 Umgekehrt kann der Gesetzgeber auch unwesentli­ che Durchführungbestimmungen in ein formelles Gesetz kleiden." 6 In gewissem Sinn ist auch der Staatsgerichtshof in die Gesetzgebung einbezogen: Da die­ ser verfassungswidrige Gesetze nachträglich aufheben kann, wird er gewissermassen zum "negativen Gesetzgeber" (G. Batliner, Rechtsordnung, S. 105 mit Verweis auf Kel­ sen). Eine weitere Einflussmöglichkeit des Staatsgerichtshofes auf das Gesetzgebungs­ verfahren besteht im übrigen in dessen Gutachterrolle für Landtag und Regierung gemäss An. 16 StGHG. Zur Frage der Zulässigkeit einer solchen einfachgesetzlichen Kompetenzzuweisung an den Staatsgerichtshof siehe G. Batliner, Rechtsordnung, S. 149, insbesondere Anm. 135. 7 Umgekehrt gibt es allerdings ausnahmsweise auch individuell-konkrete Verwaltungs- akte, welche ganz oder teilweise im formellen Gesetzgebungsverfahren ergehen: Es han­ delt sich dabei insbesondere um die verschiedenen Varianten von Finanzbeschlüssen. Ausführlich zu diesen Schurti, hinten S. 258ff. 8 Zu den Verordnungen anderer Staatsorgane siehe Schurti, S. 69-85. Dieser qualifiziert nun allerdings auch sämtliche nicht dem Referendum unterstellten Erlasse des Landtages als sogenannte Parlamentsverordnungen, da er im Einklang mit Fehr die Möglichkeit des Referendums als unabdingbaren Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens ansieht {Schurti, S. 33 und Fehr, S. 218). Ritter, Rezension, S. 1, widerspricht mit dem Argument, dass in Liechtenstein im Gegensatz zur Schweiz dringlich erklärte Gesetze keiner zeit­ lichen Beschränkung unterlägen und insoweit referendumspflichtigen Gesetzen gleich­ wertig seien. Schurti, S. 34, weist aber darauf hin, dass in der Schweiz bis 1939 die glei­ che Dringlichkeitsregelung wie in Liechtenstein gegolten und dass die schweizerische Literatur schon damals die Referendumsfähigkeil mehrheitlich als konstitutiv für das Gesetzgebungsverfahren erachtet habe. 9 StGH 1977/10, LES 1981, S. 57. 13 Die Crux besieht natürlich darin, im Einzelfall zwischen wichtigen und unwichtigen Rechtssätzen zu unterscheiden. Man ist dabei jeweils auf das "wohlerwogene Ermessen" des Verfassungsgerichts angewiesen; VfGH 176; 1932, zitiert bei Schurti, S. 307. •• Immerhin sollte der Gesetzgeber aus Gewaltenteilungsrücksichten die Verordnungs­ kompetenz der Regierung möglichst respektieren. Vgl. zum Ganzen M. Batliner, S. 190 mit Nachweisen. 207
	        

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