Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Monarchie und Demokratie als Kontroversfragen Auswahl- und Ernennungsrecht eingeengt. Der aktive Part verbleibt aber beim Landesfürsten. Ein illustratives Beispiel ist die Bestellung von • Dr. Josef Peer zum Landesverweser. Der Landtagsbeschluss vom lO. Dezember 1918 ist eine teilweise Vor­ wegnahme der Verfassüngsforderung nach einer parlamentarischen Regie­ rung. Das Einvernehmen, das der Fürst bei der Ernennung des Landesver­ wesers mit dem Landtag herzustellen hat, wird in den Schlossabmachungen bestätigt, die zusätzlich die beiderseitige Verantwortlichkeit der Regierung festlegen und bestimmen, dass der Landtag berechtigt ist, beim Landesfür­ sten die Enthebung eines Regierungsmitgliedes von seinem Amte zu bean­ tragen, wenn es durch seine Amtsführung das Vertrauen des Volkes und des Landtages, verliert.. Darüberhinaus wurde auf nachdrückliche Forderung der Volkspartei hin der Emennungsvorgang in der Hinsicht präzisiert, dass die einvernehmliche>Ernennung über Vorschlag des Landtages .erfolgt. Damit hat das Ernennungsrecht eine weitere Einengung erfahren. Der Fürst kann nur einen vom Landtag vorgeschlagenen Kandidaten zum Regie­ rungschef (heute: Regierungsmitglieder) emennen.-Diese Vorrangstellung des Landtages beim Regierungsbildungsvorgang kann aber nicht so-ver­ standen werden, dass die Bestellung zur blossen Erhennungsfunktion würde. Der Fürst kann - wir; lassen die realpolitische Seite des Vorgangs ausser acht - die vom Landtag vorgeschlagene Person als Regierungschef (heute: Regierungsmitglieder) ablehnen. Dies entspricht der von der-Ver­ fassung getroffenen Einvernehmensregelung. Andererseits kann der Fürst den Regierungschef (heute: Regierungsmitglieder) nicht nach eigenem Gut­ dünken entlassen. Dem steht das Vertrauen des Landtages entgegen,-das ein Regierungsmitglied von Anfang an r verdeutlicht im Auswahl- und-Vor- schlagsvorgang- und während der Amtsführung haben muss.. Die gegenüber der Verfassung von 1862 eingetretene Veränderung der Rechtslage sticht ins Auge: Es gibt kein Auswahlrecht des.Fürsten mehr bei der Regieningsbe- stellung. Die Auswahl erfolgt über den Landtag bzw. über die Par­ teien.1103 Daraus folgt, dass die Regierungsmitglieder in erster. Linie an "2» Vgl. die nachträglichen "Modificationen" zu den Schlossabmachungen A'om 13. Sep­ tember I92Ö, die diesen Aspekt in den Worten "über dessen (Landtag) Vorschlag" deut­ lich hervorkehren. Hausarchiv des reg. Fürsten von Liechtenstein/Vaduz, "Kabinetts- kanzlei" 384/20. Der einschlägige Text ist bei Quaderer, Verfassungsdiskussion, in die­ sem Band, S. 128ff., abgedruckt. Zum Empfang der Delegationen der Volkspartei am 14. September 1920 und der Bürgerpartei am 15. September 1920 durch den Fürsten wur­ den Pressemitteilungen herausgegeben. Siehe dazu LLA, Präs. 1920/Z1.124. 185
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.