Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Herbert Wille führende und ausgleichende Rolle im aufkommenden Parteienstaat zu spielen. Sie wurde vielmehr als "Fremdbeamtenherrschaft" empfunden und war damit das Gegenstück von dem, was man wollte und forderte, nämlich eine Volksregierung. Darin waren sich die beiden Parteien grundsätzlich einig. Auf konservativer und monarchistischer Seite war man der Ansicht, dass das bisherige konstitutionelle Verfassungssystem durchaus fähig sein sollte, demokratische Elemente aufzunehmen, beher­ bergte es doch im 19. Jahrhundert sehr verschiedene politische Regime.97 Dabei waren sie der Überzeugung, dass eine starke Monarchie eher die Stetigkeit der politischen Entschlüsse und eine grössere Schlagkraft des politischen Handelns zu gewährleisten vermochte als die vom Parteien­ hader und von raschen Wechseln der politischen Richtung heimgesuch­ ten Demokratien mit ihren parlamentarischen Regierungssystemen.98 V. Parlamentarisches Regierungssystem 1. Begriffsprobleme Die Forderung nach dem parlamentarischen Regierungssystem setzte im 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen einer organisierten liberalen Partei gegen Ende der sechziger Jahre ein. Sie bestimmte in der Folge die deut­ sche Verfassungsgeschichte. Während die liberale Strömung versuchte, dem parlamentarischen Regierungssystem durch die Bezeichnung "repräsentative Monarchie" die Brisanz zu brechen und weniger gefähr­ lich erscheinen zu lassen, brauchten umgekehrt deutsche konservative Kräfte den Ausdruck "demokratische Monarchie", um dem parlamenta­ rischen System eine antimonarchische Spitze zu geben.99 In der verfassungspolitischen Auseinandersetzung spielte die Frage des Parlamentarismus eine gewichtige Rolle. Es fehlte aber anfänglich an der Klarheit darüber, was eigentlich unter einer parlamentarischen Regierungsform zu verstehen sei, was das Wesen des parlamentarischen Regierungssystems ausmache.'00 In der Literatur wurde zur Kennzeichnung der parlamentarischen Regierungsweise der konkretere Begriff des "parlamentarischen Regie­ 97 Boldt, Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Demokratie, S. 180. 98 Vgl. dazu Boldt, Deutscher Konstitutionalismus und Kaiserreich, S. 96. 99 Vgl. Beyme, Begriff, S. 193. IMHugelmann, S. 403; Schclcher, S. 265ff. 180
	        

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