Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Monarchie und Demokratie als Kontroversfragen Demission von Landesverweser Baron von Imhof hätte führen sollen. Die Regierungspraxis war unhaltbar, die fürstliche Hofkanzlei zum wirklichen "Schalthebel" der Macht geworden. Der Regierungssturz sollte daher in erster Linie die fürstliche Hofkanzlei in Wien treffen. Sie musste aber auch den Fürsten treffen, dessen Stellung im Staatsgefüge, das die alleinige Staatsgewalt in seiner Person konzentriert hatte, berührt und herausgefordert war. Der Fremdbestimmung durch eine entfernte, ausländische Bürokratie wurde der Kampfruf "Liechtenstein den Liech­ tensteinern" entgegengesetzt. Es gab keine Regierung im Lande. Der Landesverweser war der "Lakai" der fürstlichen Hofkanzlei in. Wien. Wenn nach Verfassung die Regierung eine Regierung des Fürsten und nicht auch des Volkes war, so kam das liechtensteinische Element ein­ deutig zu kurz. Der Landesverweser war ein Fremder, den der Fürst aus der österreichischen Beamtenschaft genommen hatte, der sich zudem der fürstlichen Hofkanzlei untergeordnet hatte, obwohl ihm eigentlich eine Schlüsselposition im dualen System der konstitutionellen Monarchie zugekommen wäre. Der Monarch konnte politisch nur handeln, wenn er einen Landesverweser fand, der bereit war, seine Politik vor dem Land­ tag zu vertreten. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass der Fürst aus­ ländische, ihm treu ergebene Persönlichkeiten zu Landesverwesern bestellt hat. Man wollte nicht mehr länger von der Macht ausgeschaltet sein. Darin war man sich im Landtag am 7. November 1918 einig (mit Ausnahme der fürstlichen Abgeordneten). Der vom Landtag gegen das konstitutio­ nelle Verfassungssystem provozierte Regierungssturz kam einem politi­ schen Aufschrei gleich, der in'die Worte gefasst wurde: Los von Wien. Es ist hier nicht der Ort, darüber zu befinden, ob es an der Persön­ lichkeit des Barons von Imhof lag, dass er die politische Führungsrolle nicht wahrnahm oder ob er sie aus Konkurrenzgründen zur.fürstlichen Hofkanzlei nicht wahrnehmen konnte und durfte. An einer Demission waren jedenfalls beide im Landtag vertretenen politischen Gruppierun­ gen interessiert. Man wusste, dass er sich im Verkehr mit schweizeri­ schen Behörden schwer tat. Soweit die Hintergrundinformation zum Vorgang vom 7. November 1918, der einen andern Ausgang nahm, als es sich damals der Landtag vorstellte. Es hatte erst die eine Seite, die schwächere, das Volk gespro­ chen. Im dualen Verfassungssystem ist auch der Fürst zu hören, der das entscheidende Wort in der Frage der Regierung sprach. 171
	        

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