Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Monarchie und Demokratie als Kontroversfragen 6. Bei den Überlegungen zum Regierungssystem spielte die Amtsdauer des Regierungschefs eine gewichtige Rolle. Man wollte dem Parlamen­ tarismus entgegenwirken, indem man die Amtsdauer des Regierungs­ chefs - im Unterschied zu der der anderen zwei Regierungsmitglieder - nicht an die Legislaturperiode des Landtages knüpfte. Dies war die Antwort der konservativen Kräfte auf das von den Reformern propa­ gierte parlamentarische Regierungssystem. In § 78 der Regierungsvor­ lage, die sich strikte an die Schlossabmachungen hielt, wie Dr. Josef Peer versicherte, hiess es noch: "Die regelmässige Amtsdauer der Regierung fällt mit jener des Landtages zusammen."6 * Das Gleiche bestimmte schon der Verfassungsentwurf von Dr. Wil­ helm Beck vom Frühjahr 1919. Dort lautete Artikel 61: "Die regel­ mässige Amtsdauer der Regierung läuft mit der des Landtages und beträgt vier Jahre".7 Man wolle den "starren Parlamentarismus der grossen Staaten (gemeint Bindung an die Legislaturperiode des Land­ tages) mit allen seinen Begleiterscheinungen" nicht nachahmen, heisst es zur Begründung im Bericht über die Beschlüsse der Verfassungs­ kommission.® In der Zwischenzeit ist diese Regelung durch die Regie­ rungsreform von 1965 überholt.9 Es muss daher auch die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung zu Wort kommen. Darunter ist die Verantwortung der Regierung für ihr politisches Handeln gegenüber dem Landtag zu verstehen. Die Entwicklung der parlamentarischen Verantwortlich­ keit ist ein aufschlussreiches Spiegelbild der verfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Monarch und Volksvertretung. 7. Die nachstehenden Ausführungen versuchen also, den zentralen Aspekt der Demokratisierung und Parlamentarisierung des Verfas­ sungssystems zu erfassen und ihn in den verfassungspolitischen Wan­ del zu stellen und am Beispiel des modernen Verständnisses und der inzwischen entwickelten Typologie der parlamentarischen Regierung die Systemeigenart des liechtensteinischen Verfassungsmodells darzu­ stellen, auch wenn der Versuch im Rahmen dieses Referates in vieler­ lei Hinsicht unvollkommen bleiben muss. * LLA, RE 1921 /963/Verfissung 1921. 7 ON Nr. 50 vom 23. Juni 1920. » LLA, RE 1921 /963/Verf assung 1921, S. 4. * Vgl. die Neufassung von Art. 79 der Verfassung, LGB1.1965 Nr. 22 vom 3. Februar 1965, der in Absatz 6 Sgtz 1 lautet: "Die Amtsperiode der Kollegialregierung beträgt vier Jahre." 147
	        

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