Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Herbert Wille ten sollte, um zum vorneherein jede Entwicklung auszuschliessen, die in den benachbarten ausländischen Monarchien stattgefunden hatte, die bisher als Vorbilder galten. Man wollte in der "Verfassungstradi­ tion" bleiben, obwohl es eine solche für die nun zu lösenden Pro­ bleme in der Verfassung nicht mehr gab. Man musste die Lösung sel­ ber finden, sprach doch die Verfassungs- und Staatslehre aus dama­ liger wie heutiger Sicht davon, dass die Weiterentwicklung der konsti­ tutionellen Monarchie zur Demokratie und damit zur Republik führe. Ein solcher Verfassungsschritt kam nicht in Betracht, auch für die Reformkräfte nicht. 3. Es versteht sich, dass sich unter diesem Aspekte die Frage stellt, was eine "parlamentarische" oder eine "demokratische" Monarchie ist. Diese beiden Begriffe wurden immer wieder in den beiden Landeszei­ tungen, den Oberrheinischen Nachrichten und dem Liechtensteiner Volksblatt, gebraucht, ohne dass sie konkrete Angaben machten. Diese Begriffe verlangen nach Klärung. Wie hat man das liechtenstei­ nische Staatsgebilde, seine Verfassung, die, soweit ersichtlich, nir­ gends ein Gegenstück hat, rechtlich einzuschätzen? 4. Charakteristisch und eigentümlich ist für die liechtensteinische Ver­ fassung, dass sie nicht den Weg anderer vergleichbarer Verfassungen gegangen ist. Sie hat sich zu einer modernen Verfassung entwickelt, ohne dass es zu einem revolutionären Bruch mit der angestammten Herrschaft hat kommen müssen.3 5. Einen Schwerpunkt des Referates wird das Thema des Regierungs­ systems bilden, weil die Frage der parlamentarischen Machterweite­ rung,4 wie sie im Verfassungsgeschehen des 19. Jahrhunderts regi­ striert werden kann, vorwiegend mit der Vorstellung der "parlamentarischen Regierung" in Verbindung gebracht wird,5 wie dies zu Beginn der eigentlichen Verfassungsauseinandersetzungen auch die Ereignisse vom 7. November 1918 belegen. Sie hat dann in der Landesverweser­ frage, bei der es um die Bestellung des Österreichers Dr. Josef Peer ging - wenn auch unter etwas anderen Vorzeichen in der Forderung nach einem Liechtensteiner als Regierungschef -, ihre Fortsetzung gefunden. 3 Vgl. Batliner, Verfassungsrecht, in diesem Band, S. 21. 4 Schmitt, Prinzipien des Parlamentarismus, S. 41; Bergsträsser, S. 138. 5 Bermbach, S. 89. 146
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.