Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Gerard Batliner Trotz solcher Konzentration auf Einzelfragen schälen sich, rück­ blickend auf die Vorlesungen und die Beiträge, Umrisse einer Lehre für ein liechtensteinisches Verfassungsrecht heraus, was es, im Unterschied zu anderen Ländern mit reichhaltiger Verfassungsrechtsliteratur, in Liechtenstein bisher nur sektoricll gab. Erfreulich ist, dass auch zum Thema der liechtensteinischen Grundrechte noch in diesem Jahr von Prof. Dr. Wolfram Höfling eine umfassende Studie vorgelegt werden wird (Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 20). Neben dem grundlegenden Konsens sind in den Referaten und in den Diskussionen auch divergierende Rechtsauffassungen zutage getreten. Soweit diese Unterschiede Bestandteil der Referatstexte waren, lassen wir sie in der nun geplanten Publikation der Referate (Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 21) nebeneinander stehen. Die wissenschaftliche Debatte soll weitergehen, soll offene Fragen klären, vielleicht auch kon­ trovers sein lassen. Ungleiche Ansichten bestehen etwa darüber, ob die Regierung nur bei einem Einvernehmen von Landtag und Fürst des Amtes enthoben wer­ den kann oder ob es zur Amtsenthebung genügt, dass einer der beiden die Regierung einvernehmlich bestellenden Faktoren, der Landtag oder der Fürst, der Regierung das Vertrauen entzieht. Unterschiedliche Rechtsauffassungen traten in der Diskussion hervor in bezug auf Begriffe wie "dringlich erklärter" und damit dem Referendum entzoge­ ner Gesetzes- oder Finanzbeschluss des Landtages, oder darüber, was Auflösung des Landtages "aus erheblichen Gründen" verfassungsrecht­ lich bedeutet. Andere prüfenswerte Textstellen der Verfassung finden sich etwa in bezug auf die Kompetenz der Regierung, "im Voranschlage nicht vorgesehene, (gerechtfertigte) dringliche Ausgaben zu machen", oder in bezug auf die Notrechtszuständigkeit des Fürsten: "In dringen­ den Fallen wird er das Nötige zur Sicherheit und Wohlfahrt des Staates vorkehren." Handelt es sich bei solchen und ähnlichen, unter sich nochmals unterschiedlichen, Verfassungstexten um solche, die dem einen Organ die freie Kompetenz der Beschlussfassung zuweisen - sodass z. B. der Landtag in jedem Fall eine Vorlage durch deren Dringlicherklärung dem Referendum entziehen und somit allein entscheiden kann, was zum Referendum offensteht. Je nach Verfassungsverständnis werden auch Positionen anderer Organe berührt: Bei der Dringlicherklärung eines Gesetzes oder eines Finanzbeschlusses durch den Landtag wird das Volk in seinem Referendumsrecht betroffen. Wenn die Regierung ihre Kom­ 10
	        

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