Volltext: Die liechtensteinische Verfassung 1921

Rupert Quaderer brachte den Staat an den Rand des Bankrotts. Der Postvertrag mit Öster­ reich war neu zu konzipieren, ja es war die Frage einer eventuellen Auflö­ sung zu prüfen. Im sozialen Bereich erhoben die Arbeiter, die sich allmäh­ lich zu organisieren begannen, ihre Forderungen nach materieller Absi­ cherung und nach Hilfe bei der Arbeitsplatzbeschaffung und -Sicherung im In- und im Ausland. Es galt aber auch Bestrebungen entgegenzuwirken, wie den z.T. offensichtlich unseriösen Plänen einer Spielbankgründung in Liechtenstein, die viel und schnell verdientes Geld versprach und eine para­ diesische Versuchung sowohl für den Staat in seinen Finanznöten als auch für das Gewerbe und die arbeitslose Arbeiterschicht darstellte. Zusätzlich erschütterten Ereignisse wie z.B. der Briefmarkenskandal, die Fehlentscheide beim Bau des Lawenawerkes oder die ins Unkontrol­ lierbare ausufernde Schmuggeltätigkeit weiter Bevölkerungskreise im Jahr 1919 die politischen Grundlagen des Staates Liechtenstein. Aufmär­ sche, Resolutionen und öffentliche Proteste waren die Folgen. Es gärte im Bauernland Liechtenstein. In dieser aufgewühlten, konfliktträchtigen Situation kam auch der Frage der Verfassungsrevision immer drängendere Bedeutung zu. Trotz des immensen staatspolitischen Gewichtes, das diesem Problem zukommt, gilt es zu beachten, dass die Verfassungsrevision für einen arbeitslosen Familienvater oder eine von materieller Not geplagte Fami­ lienmutter zweit- oder drittrangig war gegenüber der Sorge, ob es der Regierung gelingen werde, die Währungsverluste der ersparten Kronen zu vermeiden oder in der vom Krieg verschonten Schweiz eine Arbeits­ bewilligung zu erhalten. Um so höher ist aber das Bemühen derjenigen einzuschätzen, die trotz all der anstehenden vielfältigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Bedeutung einer Verfassungsrevision erkannten und mit viel Energie, Zivilcourage und Sachverstand sich dafür einsetzten. II. Wegbereitung 1914-1918 1. Parteienentstehung und Demokratisierung des Landtages Zu den obenerwähnten wirtschaftlichen und sozialen Problemfeldern gesellte sich eine schon vor dem Ersten Weltkrieg vorhandene latente Unzufriedenheit einer Minorität mit den bestehenden politischen Ver­ hältnissen.1 Die Stossrichtung der sich formierenden politischen Opposi­ tion zielte hauptsächlich in zwei Richtungen: 110
	        

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