Volltext: Bestandeskatalog

Paul Signac (1863-1935) 
Les Andelys, 1895 
Farblithographie 
30,3 X 45,3 cm 
38,8 X 52,7 cm 
Bez. u. r.: n° 27 mit Paraphe u. Stempel des Verlegers 
Gustave Pellet (GP) 
Kornfeld/Wick 10/III 
LSK 80.02 
Es handelt sich bei dieser Lithographie um ein Blatt aus einer 
Serie von 40 Abzügen auf Velin, gedruckt bei Auguste Clot, ver- 
legt von Gustave Pellet. Sie ist in sechs Farben gedruckt, eine 
andere Auflage in sieben.‘ 1886 hat Paul Signac La Seine aux 
4ndelys, ein Gemälde des gleichen Motivs, gemalt.” Eine Blei- 
stiftzeichnung mit identischem Sujet stammt aus dem selben 
Jahr wie die Lithographie.? Die Farblithographie gehört zu einer 
Serie von Landschaftsdrucken, die der Verleger Gustave Pellet 
1894 bei Signac in Auftrag gab — derselbe Verleger also, der in 
den beiden folgenden Jahren grosse Lithographien von Toulouse- 
ıautrec fertigen liess. Signac ist der einzige Maler, der den Neo- 
‚mpressionismus in die Druckgraphik übertragen hat. Gerade in 
der Serie von Landschaften, zu der das vorliegende Werk gehört, 
ist es ihm auf einzigartige Weise gelungen, die Lithographie für 
den Pointillismus fruchtbar zu machen. 1897 entsteht nochmals 
ein pointillistisches Blatt für Ambroise Vollard, Vue de Saint- 
Tropez, das für die Albums des peintres graveurs vorgesehen 
war, und noch ein letztes Mal entsteht 1898 eine Lithographie 
für die Zeitschrift P4N in Berlin mit einer Ansicht des Hafens 
von Flessingue. Den divisionistischen Effekt hat Signac nur in 
seinen Farblithographien angewandt. Die gleichzeitig entstande- 
nen Radierungen zeigen diesen Aspekt nur minimal. Durch die 
besondere Sorgfalt, die Signac auf den Druck der Lithographien 
verwandte, waren unvergleichliche Nuancen möglich, die den 
pointillistischen Farbauftrag eindrucksvoll im Druck wiederge- 
ben.“ Durch diese dem Neoimpressionismus verhafteten Litho- 
graphien wird die Erkenntnis Seurats und seines Kreises in die 
Druckgraphik getragen, dass ein Bild seinen eigenen Gesetz- 
mässigkeiten unterliegt und eine autonome Bildqualität besitzt. 
Die Maler entdeckten ein abstraktes Formengesetz, unter das sie 
das Erscheinungsbild der Natur stellten. Skizzen wurden in der 
Natur gemacht — das Bild entstand aus dem Gedächtnis im Ate- 
lier. Es gelangen Werke, «Beispiele einer Kunst von grosser 
dekorativer Entfaltung, welche die Anekdote der Linie, die Ana- 
Iyse der Synthese, das Flüchtige dem Beständigen opferte», 
schrieb Signac.* Mit dieser neuen Art der Bildgestaltung war der 
Impressionismus endgültig überwunden und der Weg frei zu 
Matisse und den Fauves, zu den Futuristen, selbst zu Mondrian 
und der Bewegung De Stiil.® E.B. 
Kornfeld, E.W.; Wick, Peter A.: Catalogue raisonne de 1’ceuvre grave et lithographie 
de Paul Signac. Bern, 1974, Nr. 10. 
Abb. in: Rewald, John: Nachimpressionismus. Köln, 1987, S. 97. 
Abb. in: Wick, Peter A.: Some drawings related to Signac Prints. New York, 1962 
U Zi Anm. 1, gibt eine detaillierte Beschreibung des handwerklicher 
dena Wem MER han München, 1957, 8. 26. 
Ebd., S. 27
	        

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