Franz Werner von Tamm (1658-1724)
Stilleben mit Früchten und Blumen, 1698
Öl auf Leinwand
56 X 50 cm
Bez. u. r. (am Steinsockel): fran. v. tam. fc. 1698
LSK 79.30
Der in Hamburg geborene und ausgebildete Maler gehört zu den
herausragenden Vertretern der römischen Stillebenmalerei am
ände des 17. Jahrhunderts. Nach einer Ausbildungszeit in seiner
Vaterstadt ging er nach Rom, wo er von italienischen Vorbildern,
aber auch von den niederländischen Malern David de Coninck,
Xarel van Vogelaer und Jacobus Victors Anregungen empfing.
Zr verkehrte in Rom mit den Malern der niederländischen Kolo-
ıie, den Brüdern van Bloemen und Gaspard van Wittel (Vanvi-
'elli), arbeitete aber auch mit Carlo Maratta zusammen. Kaiser
„eopold berief Tamm nach Wien, wo dieser den Titel des
«Kaiserlichen Hof-Theatermalers» erhielt.
Ein Auftraggeber zahlreicher Stillebenkompositionen wurde
Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein, wovon die zahl-
reichen Werke Tamms in den Sammlungen des Fürsten von
Liechtenstein heute noch Zeugnis ablegen.
Jas Datum der Übersiedlung Tamms nach Wien steht nicht fest;
es wird Ende der neunziger Jahre oder um 1700 angenommen.
Nachgewiesen ist er in Rom bis 1696, danach soll er in ver-
schiedenen italienischen Städten tätig gewesen sein. Noch 1699
wird durch Pallavicini ein Paar grossformatiger Blumen- und
Früchtebilder in Rom erworben (heute Galleria Pallavicini,
Rom), das mit zwei Bildern des Karel van Vogelaer zu einem
Ausstattungsauftrag gehörte. In einer flackernden seitlichen Be-
leuchtung zeigen diese Werke eine besonders effektvolle Insze-
ıerung. Bei dem 1698 datierten Vaduzer Bild stellt sich die
Frage, ob es noch in Rom oder andernorts in Italien entstanden
st, was hinsichtlich des Pallavicini-Datums zu vermuten
‚st, falls Tamm seinen Beitrag zu jener Bestellung nicht schon
wesentlich früher ausgeführt hatte. Die Darstellung der Blumen
ınd Früchte entspricht in den einzelnen Motiven denen
auf einem 1696 datierten Bildpaar vergleichbarer Grösse (63 X
47 cm). Beide Bilder sind signiert «Fran v tam fc».' Bei dem
‚ermutlich linken Bild kommt derselbe Granatapfel wie auf
dem Vaduzer Gemälde vor, dessen Komposition aber sonst eher
durch das rechte Pendant vorgebildet erscheint (auch in Einzel-
notiven wie der Wasserpfütze am unteren Bildrand).
Bemerkenswert ist die Kontinuität der Bildformate in Tamms
>roduktion. Hatschek verzeichnet allein in den Sammlungen
des Fürsten von Liechtenstein sechs formatverwandte Stilleben
"64 X 49 cm, 0. J.; 65 X 48 cm, 0. J.; 62 X 48 cm, 1715; dreimal
52 X 49 cm, 1715).? In jedem Fall gehört das Bild in die Über-
zangszeit zur erfolgreichen Spätphase Tamms in Wien. Die
Schreibweise der Signatur «Fran.» ist eventuell als «Francesco»
esbar,findet sich aber auch noch auf 1715 datierten Bildern.
Die strahlende Helligkeit der Blumen und Früchtepartien, die
durch die jüngste Firnisabnahme hervortrat, aber auch der
Wechsel zwischen dünnlinigen und flächigen Farbakzenten
geben dem Gemälde seine besondere Bravour. C.G.
Hatschek, Veronika: Franz Werner von Tamm. Unveröff. Magisterarbeit.
Wien, 1991, Abbildungsteil, Nrn. 47 u. 48.
Ebd... Nın. 139. 140. 143—146.