Volltext: Bestandeskatalog

A.R. Penck (*1939) 
OIRB, 1986 
Bronze 
Guss 1/8 
115 X 12 X 9 cm (mit Sockel) 
LSK 86.08 
A. R. Penck spielt nicht nur auf einem Instrument. Bekanntlich 
gibt es mancherlei Gründe, die einen Maler oder Bildhauer ver- 
anlassen, vorübergehend das Metier zu wechseln und in einer 
anderen Gattung der schönen Künste zu hospitieren. Experi- 
mentierfreude, Neugier, Überdruss, Erholung, die Lust der Ab- 
wechslung — alles ist «in tandem» vorstellbar, seitdem es üblich 
ist, die Gattungsgrenzen zu überschreiten, Penck ist jedoch mit 
solcher Beliebigkeit nicht ohne weiteres einverstanden. Würde 
er sonst auf der Erklärung bestehen: «Ich bin kein Maler, der 
Skulpturen macht, sondern wenn ich Skulpturen mache, dann 
mache ich das richtig als Plastiker. Ich befasse mich mit der pla- 
stischen Problematik als Bildhauer, nicht als Maler. Bei mir sind 
diese beiden Bereiche streng getrennt.»' Vermutlich kommt in 
liesen Worten A.R. Pencks ursprüngliche Absicht, die Bild- 
hauerei zu erlernen, zum Ausdruck — ein Wunsch, der mangels 
Lehrstellen in der ehemaligen DDR nicht erfüllt werden konnte. 
Mit Objekten aus Leukoplast, Filz, Karton und Abfallstoffen hat 
3ich Penck schon seit den späten sechziger Jahren beschäftigt. 
1977 begann seine Auseinandersetzung mit Holz als Werkstoff. 
Ob A.R. Penck als Dresdner von einer lebendigen Tradition 
zehrte (die ehemaligen «Brücke»-Expressionisten empfingen 
Anregungen von der Stammeskunst im dortigen Anthropolo- 
gisch-Ethnologischen Museum) oder ob er als Mensch im Zeit 
alter der technischen Reproduktion, die alle Kunst weltweit ver- 
fügbar macht, zu den stockartigen Skulpturen der achtziger 
Jahre initiiert wurde, kann nicht eindeutig geklärt werden. Penck 
selbst betonte in seinen autobiographischen Mitteilungen nur 
das Prozesshafte des Holzschnitzens, das Positiv-Negativ-Ver 
hältnis der Formen, die beim Schneiden des Holzes entstehen. 
Er verglich den Rhythmus des skulptierenden Arbeitens mit dem 
Spielen des Schlagzeugs, das er bekanntlich virtuos beherrscht. 
Die Skulptur mit dem rätselvollen Werktitel OZRB, einer freien 
Wortschöpfung Pencks,* ist zwar ein Bronzeguss, sieht aber 
«holzgeschnitzt» aus. Der schmale aufragende Körper wurde 
mit dem Messer unregelmässig geglättet, die waagerechten und 
diagonalen Einschnitte scheinen hingegen maschinell ausgesägt 
worden zu sein. Nach Holzbearbeitung sehen auch die einge- 
kratzten Kreuze und der schreinermässig gefertigte Sockel aus. 
In der Tat ist das «Original» aus Holz hergestellt worden. Penck 
hat davon acht Bronzegüsse anfertigen lassen. Er äusserte dazu 
die Meinung, er sei wohl der erste, der eine Holzskulptur durch 
3ronzeguss vervielfältigen lasse,* eine Behauptung, die vermut- 
lich schwerlich aufrechterhalten werden kann. Penck hat die 
Materialverfremdung als einen verbindenden Akt erklärt. Die 
Totemidee sei ihm wichtig, hat er betont. Dieses Interesse ver- 
5indet ihn mit mehreren älteren Künstlern wie Pablo Picasso, 
Max Ernst und Alberto Giacometti. Worum es ihm besonders 
geht, entschlüsselt sein Satz: «Mich interessiert die Form, aber 
zu der Form komme ich, indem ich so viele andere Formen, 
sagen wir mal, nicht möglich mache...».° E.T. 
Weisner, Ulrich (Hrsg.): A.R. Penck über Skulptur. In: Raumbilder in Bronze. 
7er Kirkeby, Markus Lüpertz, A.R. Penck. Ausst.-Kat. Kunsthalle Bielefeld, 1986. 
5.140. 
Haenlein, Carl (Hrsg.): A.R. Penck, Skulpturen und Zeichnungen. Ausst.-Kat, 
Kestner-Gesellschaft, Hannover, 1988 (siehe die Photos, die Benjamin Katz bei 
sinem Auftritt von A.R. Penck in Zürich 1986 gemacht hat). 
Sine entsprechende Auskunft ist der Freundlichkeit von Frau Anne Blümel, 
Galerie Michael Werner, Köln, zu verdanken. 
Wie Anm. 1, S. 142. 
Ebd,, S. 143. 
Wie Anm. 2, 5.7. 
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