Pablo Picasso (1881-1973)
Composition, 21.11.1948
A
*
3
Zinklithographie
54 X 50 cm
56,2 X 50,3 cm
Bez. u. 1. (roter Farbstift): Picasso, u. r.: 32/50
3loch I 578; Mourlot II 127; Rau 365
(SK 72.41
Nach seiner Rückkehr aus Vallauris im Oktober 1948 beginnt
Picasso erneut voller Begeisterung mit dem Lithographieren.
Fernand Mourlot eilt fast täglich in Picassos Pariser Atelier, um
ı1eu bearbeitete Platten abzuholen, um Probedrucke anderer
Platten vorzulegen oder um Nachschub an Zinkplatten zu lie-
fern, die Picasso be- oder überarbeiten will. «Ich muss mich für
lie Umstände entschuldigen», sagt ihm Picasso, «ich würde
gerne bei Ihnen arbeiten, aber ich verlöre nur Zeit...».'
Tatsächlich erweist sich die Offizin Fernand Mourlots im Zu-
sammenhang mit dem Entstehen von Picassos Lithographien
von grösster Bedeutung. Hier entlädt sich nach den isolierenden
Kriegsjahren, die Picasso in Paris verbringt, die wiedergefunde-
1e schöpferische Arbeitskraft sichtbar in Hunderten von graphi-
schen Arbeiten. Picassos innovativer Geist setzt sich beim
erühmten Drucker und seinem Angestellten Raymond Tutin
immer wieder über sämtliche gebräuchlichen Techniken hin-
weg. Diese beiden Männer schaffen, dank ihrer Geduld und
ihrer technischen Versiertheit, den äusseren Rahmen für das Ge-
lingen vieler druckgraphischer Meisterwerke.
Wenige Wochen nach der erwähnten Rückkehr lithographiert
Picasso am 20. November 1948 ein Porträt von Francoise Gilot.
Diese Arbeit, der Künstler nennt sie Figure noire (Mourlot
126), darf als unmittelbare Vorläuferin für das vorliegende Blatt
Composition betrachtet werden. Tags darauf, am 21. November,
antstehen neben Composition noch vier weitere Lithographien.
Alle fünf bauen auf dem gleichen Kompositionsschema auf -
sinem frontal auf den Betrachter ausgerichteten Schulterporträt
von Francoise. Picasso treibt den Grad der Abstraktion in
den fünf Blättern (Mourlot 127 bis 131) ausserordentlich voran.
Bezeichnenderweise betitelt er die Arbeiten auch nicht mit
«Francoise» oder «Porträt», sondern mit «Figure», gar mit «Fi-
gure stylisge» oder, wie im vorliegenden Fall, mit «Composi-
tion». Dieses Blatt weitet die Grenzen von Picassos gegenständ-
icher Ausdrucksweise am deutlichsten. Haare, Gesicht und
Yalspartie erscheinen nur noch ansatzweise figurativ und erge-
ben in ihrem streng gebauten, die Fläche akzentuierenden Kom-
positionsstil einen ornamentalen Rhythmus.
Die fünf Lithographien bereiten stilistisch die 31 Variationen zu
Femme au fauteuil vor, von denen sich ebenfalls ein Zustand in
der Liechtensteinischen Staatlichen Kunstsammlung befindet
(vgl. LSK 85.02, S. 154, fünfter Zustand vom 3. Januar 1949).
S.A
Pablo Picasso zit. nach Mourlot, Fernand: Picasso Lithographe. 4 Bde. Monte Carlo,
1949-1964, Bd. II, S. 81
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