Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Hans Geser distanziert-formelle Kontakte untereinander pflegen oder in noch kleinere, voneinander insulierte Subformationen zerfallen. Ebenso ist der empirische Zusammenhang zwischen Systemgrösse und Formalisierungsgrad (ein vor allem in der Organisationssoziologie geläufi­ ges Thema) deshalb dermassen dubios geblieben, weil kleine Kollektive zwar in der Lage sind, mit wenig formalen Regeln auszukommen, aber durchaus auch dann überlebensfähig sind, wenn sie überformalisierte Normstrukturen mit sich schleppen (vgl. Geser 1980: 217 f.). Die empirische Einlösung konditionaler Hypothesen ist am allerschwie- rigsten, weil sie natürlich auch dann noch wahr sein können, wenn sich kein einziger realer Fall zu ihrer Bestätigung vorfindet, z. B. weil noch kein einziger Kleinstaat exploriert hat, mit wie wenig Gesetzgebung er - ohne Verlust der inneren Ordnung - tatsächlich auskommen könnte. Die Kleinheit hat hier eben nur den Status einer blossen 
Randbedingung, die ein bestimmtes 
Potential für Struktur- und Handlungsalternativen konsti­ tuiert und einen Variationsspielraum eröffnet, über dessen faktische Aus- schöpfung jeweils andere Faktoren entscheiden. Grundsätzlich ist zu bemerken, dass es sich bei den meisten Hypothe­ sen, in denen Grösse als Explanans fungiert, um funktionale oder gar kon­ ditionale Dependenzbeziehungen handelt, eben weil «Grösse» in ähnli­ chem Sinne wie der «Standort» oder die «Zeitdauer» eines Sozialsystems selber keine soziale Struktureigenschaft darstellt, sondern eine 
physische Infrastrukturbedingung, die einen Rahmen für mannigfache Strukturbildun­ gen konstituiert. Im Lichte solcher methodologischer Differenzierungen soll im folgen­ den der Frage nachgegangen werden, inwiefern jenes Phänomen, das gemeinhin mit Begriffen wie 
«Konkordanzdemokratie», «Proporzdemo­ kratie», «Korporatismus» oder «Consociatvonalism» umschrieben wird, tat­ sächlich in theoretisch einsehbarer Weise mit 
Kleinstaatlichkeit im Zusam­ menhang steht, oder inwiefern es bloss eine zufällige Koinzidenz ist, dass man es gegenwärtig vorwiegend in Kleinstaaten findet. Vorerst gilt es aber klar zu explizieren, welches 
Explanandum wir eigent­ lich vor uns haben. Unter dem generellen Gesichtspunkt der Distribution politischer Partizipationschancen darf behauptet werden, dass die soeben genannten vier Begriffe trotz ihrer unterschiedlichen Bedeutungsnuancen im Grunde dasselbe Phänomen bezeichnen, nämlich die Tendenz, mög­ lichst alle 
politisch relevanten Gruppierungen der Gesellschaft an den zentralen Prozessen der politischen Entscheidungsfindung (vor allem auch in der Exe- 98
	        

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