Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Anton Pelinka parallel dazu entwickelte Sozialpartnerschaft, getragen von den mit den Grossparteien politisch synchronisierten Grossverbänden, wurde immer mehr zum zweiten wesentlichen Element der Konkordanzdemokratie - bis dieses von den Verbänden getragene Elitenkartell schliesslich 1966 die grosse Koalition mit anderen Mitteln fortsetzte. Die österreichische Sozialpartnerschaft weist alle wesentlichen Aspekte auf, die Konkordanzdemokratien zugeschrieben werden: ein Gleichge­ wicht der Kräfte (sowohl auf Parteien-, als auch auf Verbändeebene); ein (zunächst extrem konzentriertes) Mehrparteiensystem; eine klar definierte Struktur der Konfliktlinien (Arbeit und Kapital) bei gleichzeitigen Überla­ gerungen der Loyalitäten in Form der Verflechtungen von Parteien und Verbänden; eine geringe Grösse des politischen Systems (Faktor «Klein­ heit») und schliesslich, für die Konkordanzdemokratie historisch aus­ lösend, das dramatische Erlebnis eines von Elite und Gegenelite, also von den Führungskräften der beiden grossen Lager getragenen Bürgerkrieges, auf den die Kartellbildung der ursprünglich gegnerischen Eliten eine «logische» Antwort darstellt.4 Verbändestaat in Österreich - Merkmale Die österreichischen Wirtschaftsverbände fallen im europäischen Vergleich vielfach auf. Die grossen Kammerorganisationen und der ÖGB bilden ein derartig intensives, dichtes Netz von Organisationen, dass die gesamte Gesellschaft erfasst und organisiert erscheint. Zu diesen Besonderheiten zählt das System der Kammern selbst. Die Kammern weisen durch das für sie wesentliche System der Pflichtmitglied­ schaft (Zwangsmitgliedschaft) einen gleichsam gesetzlich garantierten Organisationsgrad von hundert Prozent auf - mit Ausnahme der öffentlich Bediensteten und der Hausfrauen sind alle wesentlichen Berufsgruppen halbstaatlich organisiert. Dazu kommt, dass die Kammern - insbesondere durch entsprechende Reformen nach 1945 - relativ zentralistisch geführt werden. Die Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft, der Österrei­ chische Arbeiterkammertag und die Präsidentenkonferenz der Landwirt- schaftskammerri sind Dachverbände, die ein Korrektiv zur an sich föderali­ stischen Struktur des Verbändewesens bilden. Überdies sind die Kammern eng mit den politischen Parteien verfloch­ 4 Lijphart 1977, 53-103. 32
	        

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