Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Schlusszusammenfassung nicht repräsentiert. Wahlen sind trotz einer seit über fünfzig Jahren beste­ henden «Dauerkoalition» doch noch von entscheidender Bedeutung hin­ sichtlich der Verteilung der Ämter und der Zuteilung von Posten. Dritte oder vierte Parteien bzw. Wählergruppen haben von vornherein gewisse strukturelle Nachteile im Parteienwettbewerb und in der öffentlichen Argumentation. Allein der ziemlich unwahrscheinliche Fall einer Koali­ tionsbildung unter Ausschluss einer der beiden grossen Parteien könnte eine ernsthafte Gefahrdung der Konkordanz bedeuten. Es ist dies zweifelsohne ein berechtigter und angemessener Zugang. Wegen der Angleichung der etablierten Parteien und angesichts der ein­ getretenen Homogenisierung der Lebensverhältnisse in Liechtenstein, zumindest der Tendenz nach und aufgrund einer in den letzten vier Jahr­ zehnten alles überwölbenden Modernisierung, sind die konkordanzdemo­ kratischen Erklärungsmuster jedoch nicht mehr ohne weiteres selbst­ evident. Es müssen insofern - auch darauf hat Helga Michalsky hingewie­ sen - zusätzliche Interpretationshilfen angeboten werden. Das leistet nach meinem Eindruck gerade der Ansatz von Hans Geser - der gerade für Liechtenstein zutreffend ist -, indem: er von den Implikatio­ nen kleiner Sozialsysteme im Sinne einer funktionalen Betrachtung aus­ geht. Der grundsätzliche Erklärungsversuch Gesers unterstellt anhand von generalisierten Einsichten über die Bevölkerungs- und Staatengrösse für Kleinstaaten das Erfordernis, politische Entscheidungssysteme inklusiver Art einzurichten. Als Begründungsmuster kleinstaatlichen politischen Handelns wurden angeführt: die optimale Ausschöpfung knapper perso­ neller Ressourcen, die eine Multifunktionalität und Polyvalenz sowie besondere Profilanforderungen der Handlungseliten nahelegen, eine gestei­ gerte adaptive Flexibilität nach aussen, nach innen Konfliktpräventionen und eine ausgleichende Selbstmoderierung der systeminternen Prozesse. Insofern die soziale Steuerungsfahigkeit an der wohlfahrtsstaatlichen Eigen­ dynamik ihre Grenzen findet, werden von ihm im weiteren auch Ergän­ zungen durch mehrheitsdemokratische Strukturen erwartet. In der Dis­ kussion wurde herausgestellt, dass Rollendifferenzierung im Zusammen­ hang mit Prozessen der Modernisierung zu sehen ist, dass Kooptation auch exklusiv sein kann, die Elitennähe auch zu problematischen Vereinnah­ mungen führen könne und dass Fragmentierung als Erklärungsmuster für Konkordanz nicht zugunsten der Kleinheitsprämisse vernachlässigt wer­ den sollte. 183
	        

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