Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Helga Michalsky Andererseits hätte die FL als alleinige «Oppositionspartei» nicht alle Stimmen erhalten, die an die ÜLL gegangen sind. Es ist auch nicht aus­ gemacht, dass eine gemeinsame Liste von FL und ÜLL ebenfalls knapp 11% erreicht lütte. Die Wähler beider Parteien können also nicht als Block betrachtet werden. Die Wahlmöglichkeit zwischen FL und ÜLL hat jedoch zu einer genaueren Eingrenzung des Wähleranteils geführt, der gegenwärtig tatsächlich die Ziele der FL unterstützt. Im übrigen ist es zu früh für Prognosen über die Perspektiven der neuen Parteien, man wird weitere, vor allem normale (d. h. nicht vorgezogene und daher von den Parteien weniger auf Polarisierung ausgerichtete) Wahlen abwarten müssen. Die Lockerung traditioneller Parteibindungen bemisst sich freilich nicht nur an den Stimmen für eine neue politische Kraft, sondern auch an den Reaktionen darauf und an dem Umgang mit denjenigen, die sich ganz öffentlich von ihren familiären Parteitraditionen abkehren.. Die Regierungsparteien haben zwar nach ihrem jeweiligen parteipoliti­ schen Kalkül unterschiedlich auf die Konkurrenz der FL reagiert, aber dass sie sie ernst nehmen als Konkurrentin, zeigen alle Reaktionen: Sie reichen von der Unterstellung, mindestens aber Verzerrung, dass die FL die Monarchie abschaffen wolle, bis zur Schlussfolgerung, dass die Partei überflüssig sei, weil die von ihr vertretenen Forderungen in vernünftigem Umfang schon Teil der Regierungspolitik seien. Vor allem aber versuchen sie, ihre Wählerschaft mit dem Argument zusammenzuhalten, dass der Eintritt einer dritten Partei in den Landtag das bisherige Koalitionsmodell aushebeln und damit die innere Stabilität des Landes gefährden würde. Bezeichnenderweise werden Aussagen dieser Art nur auf Parteiveranstal­ tungen gemacht, in der Presse ist auch dies kein Thema. Dort gibt es nur die Auseinandersetzung zwischen Minderheits- und Mehrheitspartei und den Kampf um die Mehrheit. Die beiden traditionellen liechtensteinischen Parteien sind durch die Sta­ bilität des Wählerverhaltens bis in die jüngste Vergangenheit verwöhnt. Sie sind damit aber auch ungeübt, was den Umgang mit neuen Konstellationen angeht. Da jede Veränderung des gegenwärtigen Zwei-Parteien-Systems nach Kosten und Nutzen für die beiden Parteien schwer zu kalkulieren ist und selbst bei kurzfristigen Vorteilen für eine der beiden Parteien längerfristig eher eine Machtteilung beider mit einer dritten Partei bedeutet, ist die gegenwärtige Position der Parteien nachvollziehbar. Wie sie sich verhalten 156
	        

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