Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Helga Michalsky haupt abwandten. Was in den öffentlichen Auseinandersetzungen sich abspielte, das hatte seine Entsprechung auf der Ebene der sozialen Bezie­ hungen bis hin zu dem Widerspruch zwischen Friedensappellen und Rechthaberei auf der politischen und zwischen Sehnsucht nach Beendi­ gung des Parteienstreits und Wahrung oder Erlangung des eigenen Vorteils auf der individuellen Ebene: Der Fall Liechtensteins zeigt, dass auch parteipolitische Polarisierungen, die nicht als ideologische Spaltungen interpretiert werden können, die Ursache von Gesellschaftsspaltungen sein können und dass derartige Spal­ tungen ihren historischen Zusammenhang ebensolange überleben können wie Klassenparteien wirkliche Klassenauseinandersetzungen. Die liechtensteinische Koalition und ihre Verankerung in der politischen Kultur des Landes Die Grundelemente der Koalition sind heute im Prinzip noch dieselben wie in der ersten Parteivereinbarung von 1938. Das hat sicher auch etwas damit zu tun, dass das Parteiensystem im Kern über fünf Jahrzehnte unverändert geblieben ist: Stets waren nur zwei annähernd gleich starke Parteien im Landtag vertreten; mit Ausnahme einer Wahlperiode, in der die Mehrheit neun von fünfzehn Mandaten errang, trennte die beiden Parteien stets nur ein Mandat. Das Kernstück der liechtensteinischen Koalition bildet der 
freiwillige Proporz bei der 
Regierungszusammensetzung, der Besetzung der 
Gerichte (u.a. Staatsgerichtshof und Verwaltungsbeschwerdeinstanz), der Ver- waltungs- und Aufsichtsräte der vier 
Landesinstitute (Landesbank, Kraft­ werke, AHV, Gasversorgung) sowie bei den zahlreichen 
Kommissionen und 
Beiräten. Die Mehrheitspartei stellt seit 1965 ausser dem Regierungschef, der zu­ gleich Inhaber mehrerer wichtiger Ressorts ist, zwei halbamtliche Regie­ rungsräte mit einem kleineren Aufgabenfeld, der Minderheitspartei stehen zwei Regierungsräte zu, ein hauptamtlicher mit einem dem Regierungschef vergleichbaren Aufgabenumfang und ein halbamtlicher. Der hauptamtliche Regierungsrat ist zugleich Regierungschef-Stellvertreter. Mehrheits- und Minderheitspartei verteilen die Regierungsämter immer nach demselben Schlüssel, wobei die Auswahl der Amtsträger von den Parteien getroffen wird. Darüber hinaus ist in der Verfassung bereits die Vertretung von Ober- und Unterland festgelegt. Im Unterschied zur Zauberformel, nach 146
	        

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