Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Helga Michalsky gedrückt, und sie reagierten darauf mit einem trotzigen Selbstbehauptungs­ willen und indem sie nun ihrerseits gegen die herrschende Mehrheit enger zusammenrückten. Innerhalb der Parteianhängerschaft entstand eine Soli­ darität, die aus dem gemeinsamen Gefühl der gruppenmässigen Benachtei­ ligung gestärkt wurde und zu einem ausgeprägten Misstrauen gegenüber den Anhängern der anderen Seite führte. Diese Haltung sowie die soziale Abkapselung wurden durch die Folgen der Wirtschaftskrise über Jahre ver­ stärkt. Viele waren auf Unterstützung angewiesen, und das Gefühl - nicht immer begründet man bekomme sie nicht wegen seiner Parteizugehörig­ keit, verstärkte die Verbitterung bis hin zur Feindseligkeit. Auch Sozialneid wurde sicher des öfteren politisch verkleidet. Die Partei ihrerseits bestätigte und nährte diese Haltung. In der Auseinandersetzung um Majorz- und Proporzwahlrecht wurde in den Plakaten eine unmittelbare Beziehung zwischen Wahlrecht .und materieller Teilhabe suggeriert, indem dort das Teilen und Nichtteilen von Brot und Wurst dargestellt wurde.18 Und auf der Gegenseite entstand aus der Gewissheit, auf der richtigen Seite zu stehen .und immer treu zum Vaterland gestanden zu haben, ein Gefühl der Überlegenheit, das sich auch auf den Umgang mit Angehörigen der anderen Gruppe auswirkte. Hinzu kam die Überzeugung, nach den Oppositionsjahren nun auch einen Vorteil verdient zu haben. Wenn Partei­ bindung und Gratifikation einander nicht entsprachen, bildeten auch hier Neid und Missgunst einen Antrieb für Abgrenzungsverhalten. Im Mark getroffen wurde die Volkspartei durch eine vom Landtag 1932 beschlossene und vom Volk bestätigte 
Änderung der Landeswahlordnung, die bereits für die Landtagswahl 1932 galt.19 Die neue Ordnung bestimmte, dass in einem ersten Wahlgang in zehn der elf Gemeinden jeweils ein Abge­ ordneter zu wählen sei. In einem zweiten Wahlgang waren fünf weitere Abgeordnete in einem neu geschaffenen, das ganze Land umfassenden Wahlkreis zu wählen - einer für das Unterland und vier für das Oberland, damit sich am Verhältnis zwischen Mandaten für das Oberland und das Unterland nichts änderte. Die Bürgerpartei begründete die Änderung damit, dass die Gemeindebindung der Abgeordneten verstärkt und die Parteibindung zurückgedrängt werden solle.20 18 Brunhart, a. a. O., 32 f. 19 Wille, a. a. O. (Anm. 7), 169 f. 20 Inhalt und Ergebnis der Volksabstimmung vom 14.2.1932 bei Vogt, a. a. O., 240; zur Begründung und politischen Bedeutung ausführlich Wille, a. a. O. (Anm. 7), 168-170, 190-196. 144
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.