Volltext: Politischer Wandel in konkordanzdemokratischen Systemen

Kleine Sozialsysteme lung von Geld oder Personal - eine Vielzahl feinabgestufter Zwischenlö­ sungen gibt. Am wenigsten taugen sie hingegen bei jenen Problemen, die ihrer Natur nach nur kategoriale Ja-Nein-Entscheidungen zulassen (z. B. bei Stellungnahmen zur Abschaffung der Armee, zum Beitritt in interna­ tionale Organisationen oder zur Abtreibungsfrage). Im Falle kategorialer Alternativen kann es sogar besser sein, die Entscheidung einem 
Mehr­ heitsverfahren zu überlassen, weil ihre Legitimität dann oft besser gesi­ chert ist, als wenn man darüber spekuliert, auf Grund welcher «un­ durchsichtiger Machenschaften» und dubioser Allianzbildungen sich eine bestimmte Alternative in den Verhandlungen hat durchsetzen können. Die Möglichkeiten, mittels Konkordanz politische Konflikte bereits an der Wurzel zu unterbinden, sind nun allerdings auch aus andern Gründen durchaus begrenzt. Auch das umfangreichste und offenste aller Konkor­ danzgremien muss sich nämlich in der Form eines polyarchischen Macht­ kartells konstituieren, dessen Integrationskraft dadurch begrenzt ist, dass a) die Mitgliederzahl so klein ist, dass sich nur relativ wenige Gruppierun­ gen darin repräsentieren können, b) die Tendenz besteht, dass längerfristig immer dieselben Gruppen drinsit- zen, c) nur Gruppen zugelassen sind, die (wie z. B. korporatistische Verbände) über eine gut konsolidierte Binnenorganisation und gute vertikale Loya­ litätsbindungen (zwischen Basis und Führung) verfügen. «Konkordanz» als gesellschaftliches Integrationsprinzip ist unter Bedingun­ gen der modernen Gesellschaft häufig deshalb anachronistisch, weil die Vorstellung damit verbunden ist, dass es nur einige wenige, historisch über­ aus invariante Cleavages (z.B. zwischen Klassen, Konfessionen oder Sprachgruppen) sind, aus denen alle relevanten politischen Konflikte ent­ stehen, so dass man nur diese stabilen «Segmente» in den politischen Zen­ tralorganen zu repräsentieren brauche, um ein für allemal eine grundsätz­ lich 
konfliktfreie Gesellschaft zu schaffen. Wenn die Mitglieder des Ent­ scheidungsgremiums beispielsweise Stimmentausch («log rolling») prakti­ zieren, können Vorlagen selbst dann «einstimmig» beschlossen werden, wenn nicht einmal die Mehrheit der Abstimmenden sie gesinnungsmässig unterstützt. Gruppierungen, die zu neuartig, zu transitorisch, zu minoritär und/oder zu wenig organisiert sind, um zum Regierungskartell Zugang zu finden, 115
	        

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