Viel Bemerkenswertes und Tiefsinni-
ges, viel Ehrenvolles und Liebreiches
wurde in den Tagen nach dem stillen
Heimgang Ihrer Durchlaucht Fürstin
Gina von Liechtenstein über diese beeindruckende Persönlichkeit
geschrieben und ausgesprochen. Dies wiederholen oder ergänzen zu
wollen, widerspräche dem ausdrücklichen Wunsch der lieben Verstor-
benen, wonach bei den Beisetzungsfeierlichkeiten keine Trauer-
ansprachen gehalten werden sollen. Das allein schon bezeugt einen
Wesenszug der allseits beliebten und überall geschätzten Heimgegan-
genen, nämlich deren persönliche Bescheidenheit und Einfachheit. Mit
der daraus erkennbaren Gesinnung und Haltung macht Fürstin Gina
gleichsam selbstredend deutlich, dass — mit den Augen des Glaubens
gesehen — unser eigentliches Leben «mit Christus verborgen in Gott»
(Kol 3,3) ist. So Vielfältiges und Bedeutsames man auch über einen
Menschen zu bekunden vermag, es wird immer gelten, was der Völ-
kerapostel Paulus an die Kolossergemeinde schreibt: «Richtet Euren
Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische! Denn Ihr seid
gestorben, und Euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott» (Kol 3,
2-3). Dies sagt der Apostel von den Lebenden, von den Getauften, von
jenen Gläubigen also, die sich vom auferstandenen und erhöhten
Herrn gewinnen liessen, ja sich von Ihm immer neu anziehen und über-
wältigen lassen. Es gehört auch zur Verborgenheit eines Lebens mit
Christus in Gott, dass diese Ergriffenheit durch den Herrn nicht immer
und überall einsehbar ist, selbst wenn stets gilt, dass im Leben eines
Getauften das Leben des Auferstandenen sichtbar werden soll. Denn
durch die Taufe sind wir mit Christus gestorben und auferstanden.
Solange wir freilich auf unserem irdischen Pilgerweg wandeln, ist die-
ses neue Leben, dem Ewigkeit verheissen ist, noch nicht «in Herrlich-
keit» (Kol 3,4) offenbar geworden. Dies geschieht erst, wenn wir nach
einem von Glaube, Hoffnung und Liebe erfüllten Leben die Schwelle
des Todes überschritten haben und in Gottes Ewigkeit eingegangen
Beisetzung I!.D. Fürstin Gina
in Vaduz am 24. Oktober 1989
Aus der Predigt von Diözesan-
bischof Dr. Johannes Vonderach