Volltext: Wenn ich an die Schweiz denke

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Denke ich an die Schweiz, so fällt mir als erstes meine 
Ausbildung ein. Sie muss ein Erlebnis gewesen sein, das 
mich sehr geprägt hat. Ich war vier Jahre am Seminar in 
Rickenbach bei Schwyz, später ein Jahr als Lehrer und 
noch später für zwölf Jahre als Organist in der Schweiz. 
Ferien habe ich nur einmal in der Schweiz verbracht. Das war während 
meiner Studienzeit, als mich ein Studienkollege nach Laax einlud. Laax 
war damals noch ein verträumtes Bauerndörflein, wo man wirklich 
Ferien machen konnte. 
Ich habe in der Schweiz viele positive Erfahrungen gemacht. Welches 
die positivste war, weiss ich nicht, wahrscheinlich die, dass man mir in 
der Schweiz die Nierensteine entfernt hat. Negative Erfahrungen hatte 
ich eigentlich wenige, es sei denn, dass ich mich als Ausländer 
manchmal sehr in der Defensive befunden habe, vor allem in der Inner- 
schweiz. 
Die Schweiz bedeutet mir sehr viel als Nachbar, und ich bin sehr 
gerne in der Schweiz. Ich finde sie landschaftlich sehr schön, und ich 
bereise sie gerne. Kulturell schaue ich eigentlich mehr in die Schweiz als 
nach Österreich oder Deutschland, weil sie mir näher liegt. 
An der Schweiz bedrückt mich dasselbe, was mich an unserem Lande 
auch bedrückt, nämlich das «Gelddenken», dass man heute im Lande 
Pestalozzis die ganzen Ideale, die man vielleicht einst hatte, nicht mehr 
so pflegt wie auch schon. Die Schweiz ist zu einem Wirtschaftsland, zu 
einem Bankenplatz geworden, aber in dieser Beziehung können wir 
Liechtensteiner den Schweizern keinen Vorwurf machen. 
Das grösste Problem sind die Menschenrechte in Beziehung auf die 
Asylanten, aber auch in Beziehung auf die eigenen Leute, zum Beispiel 
auf die Dienstverweigerer. Dass die Schweiz dieses Problem bis heute 
nicht zu lösen vermochte, sehe ich als Makel. 
Sicher hat es verschiedene grosse und bedeutende Männer gegeben, 
ich möchte hier keinem zu nahe treten oder einen als unbedeutend 
abtun, aber für mich hatte Heinrich Pestalozzi immer eine ganz beson- 
dere Stellung. Andere, wie Angelika Kauffmann, Maria Stader usw., 
haben eine sehr grosse Bedeutung kultureller Art, aber wenn man eine 
Bedeutung sucht, die tiefer geht, dann denke ich an Pestalozzi. 
—_.. 
Harald Wanger, Schaan, *1933, Liechtensteiner, Archivaı
	        

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