Volltext: Wenn ich an die Schweiz denke

mich noch eine totale Kulturgrenze. Drüben sind sie protestantisch, und 
man redet über dem Rhein ganz anders; das kam mir fremd vor. Die 
Sprache der Liechtensteiner Unterländer gleicht mehr dem Vorarlbergi- 
schen. Unsere Vorfahren hatten mehr Beziehung zum östlichen Nach- 
barn. Feldkirch war das Kulturstädtchen, und viele haben dort auch ihr 
Geld verdient. Dadurch dass viele Liechtensteiner der jüngeren Genera- 
tion die weiterführenden Schulen in der Schweiz besuchen, ist ein 
anderes Bild entstanden. Für mich beispielsweise ist die Innerschweiz 
heute fast meine zweite Heimat, die Idee des Fremdartigen hat sich in 
mir verloren. 
Im Moment sehe ich keinen Grund, an der Schweiz etwas zu ändern. 
Dass sich die junge Generation vom Militär distanziert, finde ich gut. 
Im Zuge der Europäisierung ist die Schweiz natürlich noch ein harter 
«Brocken». Mit ihrer Standfestigkeit, den altüberlieferten Traditionen 
und dem hohen Selbstbewusstsein wird es einige Zeit dauern, bis sich 
die Vorstellungen der Schweizer mit denen der übrigen Staaten Europas 
reimen. Ich finde dies gut so. Es sind schon genug Völker aus Enthu- 
siasmus ins Elend gerannt. Wenn ein Gleichschalten auch wirtschaft- 
liche Vorteile bringen mag, so sehe ich eine kulturelle Gefährdung. 
Jedes Land soll seine Eigenarten behalten können, es kann trotzdem zu 
einer guten Zusammenarbeit über die Grenzen kommen. Eine Nivellie- 
rung im kulturellen Bereich fände ich schade. Die Eigenarten der Völker 
machen Europa doch erst interessant. 
Der bedeutendste Schweizer: Henri Dunant, der Gründer des Roten 
Kreuzes. 
Informationen über die Schweiz entnehme ich vorwiegend aus Zeit- 
schriften und Büchern. Schweizer Radiosender zu hören widerstrebt 
mir — leider muss ich das sagen. Wenn auch der Nachrichtensprecher 
seine Sache gut macht, so sind Sendungen, die in Mundart kommentiert 
sind oder Diskussionen, die im Dialekt geführt werden, für mich fast 
nicht erträglich. Das soll nicht heissen, dass die Sendungen deswegen 
schlecht sind. Ein Schweizer wird sich beim Hören seiner Mundart im 
Radio so richtig daheim fühlen; das akzeptiere ich. 
Adolf Marxer, Mauren, *1942, Liechtensteiner, Oberschullehrer, Schulleiter 
30ER
	        

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