Volltext: Wenn ich an die Schweiz denke

DZ 
A 
Während einer Überfahrt von Italien nach Griechenland 
packte vor der griechischen Küste eine Windbö meine 
Jacke mit dem Pass in der Brusttasche und blies sie fort. 
Mit einer Bestätigung der Grenzpolizei meldete ich den 
Verlust auf der Schweizer Botschaft in Athen. Schon am 
nächsten Tag erhielt ich einen neuen Liechtensteiner Pass. Das zeigt 
unsere Verbundenheit zur Schweiz, aber auch unsere Abhängigkeit. 
Neben dem Haus, in dem ich aufwuchs, haben Schweizer Grenz- 
wächter gewohnt. Die Schweiz lernte ich zuerst durch Schulbücher 
kennen, die die Grenzwächterkinder von der Schule in Buchs erhielten, 
später durch Aufenthalte in der Schweiz und durch meine Arbeit für 
Schweizer Auftraggeber. So wuchs in mir langsam das Bild, das ich 
heute von der Schweiz habe. Sie bedeutet mir mehr als andere Länder. 
Es geht nicht nur darum, dass wir mit Schweizer Franken bezahlen, dass 
unsere Ämter oft nach schweizerischen Richtlinien handeln und dass 
wir einen gemeinsamen Wirtschaftsraum teilen. Wenn ich auf der 
Heimreise vom Ausland im Flugzeug sitze und zum ersten Mal wieder 
Schweizer Dialekt höre, so fühle ich mich zuhause. Eigentlich habe ich, 
wenn ich gleichzeitig an unsere Eigenstaatlichkeit denke, eine fast 
gefährlich positive Einstellung zur Schweiz. 
Was ich nicht in Ordnung finde, ist die Plafonierung der Liechten- 
steiner in der Schweiz. Bei uns leben rund 5000 Schweizer, in der 
Schweiz etwa 1600 Liechtensteiner. Da hätte man einen besseren Aus- 
gleich suchen sollen. Die Schweiz.hätte auch ein paar zusätzliche Liech- 
tensteiner noch gut verkraftet. 
Wenn ich etwas ändern könnte, würde ich dem Militär einen anderen 
Status geben — weniger Staat im Staat, weniger Obrigkeitsdenken. Ich 
war zwar noch nie in einer Schweizer Rekrutenschule und kann nicht 
sagen, wie das ist. Aber die Spielzeuge, die am Himmel herumdonnern, 
die wären mir zu teuer. Waffensysteme können mehr kaputt machen, als 
sie zum Beispiel wirtschaftlich nützen; die Buchhaltung kann nicht 
stimmen. Ich denke, dass ein starkes Militär auch ein starkes Feindbild 
braucht, und wenn keines da ist, muss man wohl eines aufbauen. 
Das grösste Problem für die Schweiz wird sicher sein, sich als Klein- 
staat in der EG durchzusetzen. Auch wir hängen da mit drin. 
Etwas Typisches an einem europäischen Volk zu sehen, ist immer 
schwierig, man dichtet ihm etwas an. Arbeitsam könnte man den 
Schweizer nennen und schollenverbunden; trotzdem ist er weltoffen, 
3
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.