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Ich habe von 1941 bis 1950 in der Schweiz gearbeitet. Für
42 Rappen Stundenlohn haben wir Hemden genäht; man
wurde richtig ausgebeutet. Von daher gesehen habe ich
keine gute Erfahrung, aber die Zeit war damals allgemein
ki schlecht. Schöne Erinnerungen habe ich an verschiedene
Reisen in der Schweiz. Besonders gefallen mir das Bünderland und das
Tessin.
Irgendwie bedeutet mir die Schweiz Sicherheit; wir haben ihre Wäh-
rung, und es geht uns gut durch sie. Zur Zeit hat die Schweiz Mühe mit
ihrer Aussenpolitik bezüglich dem vereinten Europa. Auch das Dro-
genproblem macht ihr zu schaffen. Kürzlich habe ich in der Tagesschau
gehört, dass die Schweiz pro Kopf die meisten Aidskranken Europas
hat. Das hat mich sehr erschreckt, in so einem Wohlstandsland!
Typisch für den Schweizer sind das Jodeln und das Fahnen-
schwingen. Sie sind so richtige «Rütlischwürler». Sie sind von Kanton
zu Kanton verschieden, so ist auch der Dialekt ein typisches Merkmal.
Und sie sind reich; das prägt sie: manchmal sind sie recht unfreundlich,
verschlossen, selbstherrlich.
Der bedeutendste Schweizer ist Moritz Leuenberger. Wenn er bei
Diskussionssendungen spricht, fällt er mir sehr angenehm auf. Er kann
mich mehr überzeugen als der ganze Bundesrat.
Elsa Vogt-Gstöhl, Balzers, *1926, Liechtensteinerin, Hausfrau und Bäuerin
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