Volltext: Wenn ich an die Schweiz denke

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Mir kommen in erster Linie die gegenseitigen politischen, 
wirtschaftlichen, finanziellen und menschlichen Bezie- 
hungen in den Sinn. Ich denke ich an eine Völkergemein- 
schaft aus vier Sprachregionen und Kulturen. Weiter fällt 
mir ein, dass die Schweiz seit 100 Jahren in keinen Krieg 
verwickelt war, dass sie als Sitz einer Reihe internationaler Organisa- 
tionen, zum Beispiel des IKRK, hohes Ansehen geniesst und dass sie 
sich durch besondere gesellschaftspolitische Stabilität auszeichnet. 
Durch mein Studium in St. Gallen und meine mehr als 30jährige 
Tätigkeit bei der Bank habe ich viele intensive und bleibende Kontakte 
zu Schweizer Kollegen aufgebaut. Positiv ist mir immer wieder die 
pragmatische Art und Weise aufgefallen, wie in der Schweiz Probleme 
gelöst werden. Die Sorgfaltspflichtvereinbarung der Schweizer Banken 
ist dafür nur ein Beispiel. Es zeigt sich immer wieder, dass in der 
Schweiz und in Liechtenstein etwa die gleichen ethisch-moralischen 
Ansichten gelten. Meine mehrjährige Regierungstätigkeit gab mir auch 
Gelegenheit, mit Regierungskollegen der Nachbarkantone St. Gallen 
und Graubünden freundschaftliche Kontakte aufzubauen. 
Ungut sind mir verschiedene Pressereaktionen aus der Schweiz in 
Erinnerung, in denen bestimmte Vorteile des Kleinstaates kritisiert 
werden. Leider entsteht manchmal der Eindruck, dass im «Ländle» alles 
möglich und erlaubt sei. Dem ist aber nicht so. Übertretungen von 
Gesetzen und Vorschriften werden auch bei uns streng geahndet. 
Dass die Schweiz ihre Eigenheiten und ihre Eigenständigkeit nach 
aussen immer wieder offen bekundet, gefällt mir besonders in der heu- 
tigen Entwicklung zum grossen Binnenmarkt, wo viele Dinge in 
Bewegung geraten sind. Die Schweiz ist aus Tradition ein Hort der 
Freiheit, wo Unabhängigkeit, Heimatliebe und Grundrechte geachtet 
und verteidigt werden. Es gibt in internationalen Fragen keine unüber- 
windbaren extremen Standpunkte und Ideologien zwischen den Par- 
teien, man sucht und findet immer wieder den Konsens. 
Was würde ich ändern? Ich glaube, die Schweiz sollte sich im interna- 
tionalen Völkerkonzert ein bisschen stärker profilieren. Ausserdem 
scheuen sich hochqualifizierte Leute, in die Politik zu gehen, und so 
stehen nicht immer die Besten an vorderster Front. Mir kommt vor, 
dass es zu meiner Studienzeit mehr Persönlichkeiten mit Rückgrat gab. 
Geeignete Leute gibt es auch heute, aber man ist nicht in der Lage, sie 
zu interessieren und zu motivieren. Die Entwicklungen zum grossen 
es 
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