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{ch habe viele Erfahrungen mit der Schweiz. Ich habe eine
Schweizerin als Ehefrau. Das ist aber nicht die erste Erfah-
rung, sondern ich habe am Kollegium Mariahilf in
Schwyz die Eidgenössische Matura gemacht. Ich habe
dann in Innsbruck studiert, weil man damals als Liechten-
steiner in der Schweiz kein Staatsexamen in Medizin machen konnte.
Meine weitere Ausbildung zum Spezialarzt habe ich aber wieder in
Basel und Zürich absolviert. Es war in der damaligen Zeit nicht selbst-
verständlich, eine Assistentenstelle zu bekommen und vor allem nicht
auf einem Gebiet wie Hals, Nasen, Ohren; man hat mich aber spontan
mit einer offenen Herzlichkeit aufgenommen und mir auch eine prima
Ausbildung ermöglicht.
[ch habe sehr gute Freunde in Luzern und verschiedene in Zürich,
nicht nur auf beruflicher, sondern mehr auf kultureller Ebene. Als lang-
jähriger Präsident der Liechtensteiner Jägerschaft pflege ich auch sehr
viele Kontakte zu Schweizer Jägern. Durch diese Kontakte hat sich mein
Bild der Schweiz verändert. Ich habe begonnen, sie besser zu verstehen
und die Eigenheiten der schweizerischen Demokratie besser kennen
gelernt. Heute bin ich der Überzeugung, dass die Schweiz ein grosser,
angenehmer Partner ist, der den kleinen auch leben lässt. Vielleicht
kommt dies daher, dass die Schweiz gegenüber anderen Grossen auf der
Welt manchmal in der gleichen Lage ist, wie wir Liechtensteiner gegen-
über der Schweiz. Ich bewundere die Schweiz, ihre Staatsform, ihre Art,
wie sie die Demokratie bewältigt und wie sie sich selbst bewältigt mit
ihren vier Sprachen, mit total veränderten Naturellen, die einander
gegenüberstehen. Für mich ist die Schweiz das perfekteste Staatswesen
auf der Welt.
Natürlich habe ich auch negative Erfahrungen, aber die betreffen
eigentlich nicht die Schweiz, sondern eher das Problem unserer etwas
zerstrittenen Nachbarschaft mit den «Öberrhiinern». Als Sportfunk-
tionär habe ich in den Fünfziger- und Sechzigerjahren sehr, sehr
schlechte Erfahrungen gemacht. Das Negative machen die Schweizer in
vielen Fällen ungewollt und unbewusst. Ihre zeitweise ausgestrahlte
Überheblichkeit, die nicht überall gut ankommt, auch bei mir nicht, die
gibt es nicht als Regel, sie ist aber auch keine Ausnahme.
Wenn ich an der Schweiz etwas ändern könnte, würde ich die Beteili-
gung am politischen Leben fördern. Wenn bei einer wichtigen Abstim-
mung nur 30 bis 40 Prozent an die Urne gehen und die Entscheidung
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