Volltext: Wenn ich an die Schweiz denke

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Ich hatte eine Tante in Glarus. Sie war schon seit vierzig 
Jahren dort und diente bei Herrschaften. An Ostern 1949 
besuchte ich sie, und es gefiel mir sehr. Das Städtchen 
' lockte mich, und ich beschloss, dort eine Stelle zu suchen. 
A Im Mai fing ich an und blieb 15 Monate. Zuerst diente ich 
13 Monate lang bei Dr. Heer in Glarus-Stampf. Eine Cousine von mir 
war zur gleichen Zeit in Enneda, in der Villa des Fabrikanten Jenny. Die 
Familie bereitete damals gerade die Hochzeit der einzigen Tochter vor 
und bot mir für zwei Monate eine Stelle an. Die Hochzeit war für uns 
ein grosses Ereignis. Am meisten waren wir von den Blumen und 
Geschenken beeindruckt; die ganze Villa war voll davon. Wir Mädchen 
haben oft gesagt: «Wenn wir nur das Geld hätten, das allein die Blumen 
gekostet haben!» Die Hochzeitsgesellschaft fuhr mit 13 doppelspän- 
nigen Kutschen vor. Die Aperitif-Sachen, die man herumreichte, 
wurden mit einem Auto fixfertig von Zürich gebracht, mitsamt dem 
Geschirr. Als alles fertig war, nahmen sie alles wieder mit, schmutzig, 
wie es war. Das komme alles in die Abwaschmaschine, hiess es. Wir 
hörten zum ersten Mal, dass es so etwas überhaupt gibt, denn in der 
Villa wurde alles noch von Hand abgewaschen. Am Abend gab es dann 
für die Angestellten im Gesellschaftshaus ein Nachtessen. 
Anschliessend kam ich für fünf Jahre nach St. Margarethen, zu Dr. 
Wejermann, einem Arzt. Es gab keine Freiheit; ich durfte nur alle vier- 
zehn Tage vom Freitagabend bis zum Sonntagabend heim nach Röthis. 
Die übrigen Sonntage musste ich die Herrschaften bedienen. Wir waren 
immer zwei oder drei Mädchen und hatten abwechslungsweise an den 
Wochenenden frei. In den Ferien kamen wir viel herum. Ich war 
dreimal in Holland, einmal in Paris und mehr oder weniger in der 
ganzen Schweiz. Aber eben, meine Ferien musste ich dafür opfern. 
Während der Winterferien war man in St. Moritz, acht Tage lang oder 
so, das war schon grosszügig. Meine Familie hat immer gemeint, das sei 
ja grausam, sich so einsperren zu lassen, ohne Ausgang und Unterhal- 
tung, das sei nichts für einen jungen Menschen. Schliesslich ging ich 
zurück nach Vorarlberg. Fünf Wochen war ich in einem Betrieb, aber 
dort habe ich es einfach nicht mehr ausgehalten, ich wollte wieder hin- 
über in die Schweiz. So habe ich dann von 1955 bis zu meiner Heirat im 
Jahre 1959 bei Wild Heerbrugg in der Kontrolle gearbeitet. Ich habe 
immer noch Kontakt mit vielen netten Bekannten aus der Schweiz. 
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