Das ist das Negativste.
Das Positive ist die Kleinheit der Schweiz. Der Schweizer muss sich
an der Welt orientieren, wenn er in ihr bestehen will, auch kommerziell.
Er reagiert flexibel auf die Erfordernisse der Welt. Dabei kommt ihm
zustatten, dass er ein Kosmopolit im Kleinen ist, allein schon von der
Sprache her. Im geschäftlichen Verkehr ist man gezwungen, englisch zu
reden, in der Schule lernt man französisch, das öffnet einen ein bisschen
für die Probleme der andern. Vielleicht wächst daraus auch der Frieden.
Es ist für mich etwas vom Wesentlichsten dass die Schweiz während
mehr als hundert Jahren nicht an Konflikten beteiligt gewesen ist. Viel-
leicht gibt das dem Schweizer die Fähigkeit, die Dinge mit einer
gewissen Neutralität zu betrachten.
Die Schweiz ist mir zu wenig transparent. Wir stehen einem Durch-
einander wirtschaftlicher Verflechtungen gegenüber. Im Parlament gibt
es keine klaren Gegensätze. Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit von
uns allen das Deutsche Fernsehen verfolgt, um überhaupt zu verstehen,
worum es geht zwischen Opposition und Regierungsbank.
Zu den vordringlichen Problemen, die die Schweiz zu lösen hat,
gehört der Geldzustrom aus dem Ausland. Die Schweiz hat ihren
Reichtum ein Stück weit auf Kosten anderer erworben. Auch damit teilt
sie das liechtensteinische Schicksal. Es kommen viele Vermögenswerte
in die Schweiz, die nicht ganz koscher sind und deren Entstehung viel-
leicht nicht gerade kriminell, aber doch diffus ist. Das zweite Problem
betrifft die EG/EWR-Verhandlungen, der Sonderstatus der Schweiz.
Ich weiss nicht, wie lange sich das noch halten lässt, irgendwann
werden wir uns den anderen angleichen müssen und wahrscheinlich auf
den Boden zurückkommen.
Die häufigsten Eigenschaften: (selbst-)gerecht, sehr fleissig, wissbe-
gierig.
Der bedeutendste Schweizer: Spontan fällt mir keiner ein. Am lieb-
sten hätte ich Albert Schweitzer gesagt, aber der war Elsässer.
Dr. Mario Broggi, Triesen, *1945, Schweizer, Forstingenieur, Ökologe