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Ich studiere zur Zeit in St. Gallen und komme dadurch
mit Leuten aus der ganzen Schweiz zusammen. Mit den
meisten mache ich positive Erfahrungen, eigentlich fühle
ich mich nicht als Ausländer. Hin und wieder werde ich
als Österreicher angesehen, was mich schon etwas trifft.
Persönlich stehe ich der Schweiz sehr nahe. Die Mentalitätsunter-
schiede sind nicht sehr gross. Die Schweiz ist für Liechtenstein eine
Erweiterung des Lebensraumes; es werden mir keine grossen Hinder-
nisse in den Weg gelegt.
Schmähungen, Demonstrationen und vor allem die Gewalttätig-
keiten gegen Asylanten stören mich zur Zeit am meisten. Ferner das
Inseldasein, das die Schweizer zu führen versuchen. Viele tragen Scheu-
klappen, verdrängen viele Dinge und wissen daher oft auch nicht
Bescheid über das, was um sie herum vorgeht. Dieses Verhalten zeigen
sie auch Ausländern gegenüber, sie sind aggressiv und wollen ihre Insel
verteidigen. Dabei wären Öffnungen und Einflüsse von aussen gut. Die
Nachteile der Abkapselung treten jetzt im Zuge der EG- und EWR-
Verhandlungen zutage; man sieht, dass die Stellung der Schweiz in
Europa doch nicht so stark ist, wie man dachte. Die Schweiz wird zum
Umdenken gezwungen und sich anpassen müssen. Sollte sie dazu nicht
fähig sein, wird sie im Abseits stehen.
Zu den typischen Eigenschaften fällt mir ein Beispiel ein: Ich bestieg
einen Zug in der Innerschweiz, und in einem Abteil sass ein älteres Ehe-
paar. Es gab noch zwei freie Plätze. Als ich fragte, ob sie frei wären,
wurde ich ziemlich schroff abgewiesen. Auch das ist ein Zeichen für die
Abkapselung. Im weiteren ist der Schweizer konservativ und politisch
träge; das zeigen schon die Stimmbeteiligungen. Sicher gibt es auch auf-
geschlossene Menschen.
Friedrich Dürrenmatt sagte, dass die Schweizer Gefängnisinsassen
und zugleich ihre eigenen Wärter seien; er hatte die Abgrenzungen im
Auge, die sie sich geschaffen haben, und hat auch auf deren Gefahren
hingewiesen. Ich halte ihn für einen sehr bedeutenden Mann, der in den
letzten Jahrzehnten viel für die Schweiz und das Bewusstsein der
Schweizer getan hat.
Frank Büchel, Balzers, *1970, Liechtensteiner, Student
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