S
Le}
Wenn ich an die Schweiz denke, fällt mir zuerst die Sau-
berkeit ein und dass die Schweizer fleissig sind und hart,
aber korrekt.
Im September 1963 bin ich in der Schweiz angekommen.
Ich konnte sehr wenig deutsch und verständigte mich mit
den Kollegen auf englisch. Während drei Jahren habe ich in einem
Architekturbüro in Arbon mit Schweizern und Ausländern zusammen-
gearbeitet. Wir waren fast jeden Abend beisammen und haben sehr
schöne Zeiten erlebt. Zu vielen habe ich noch heute Kontakt. Bei der
OLMA habe ich dann das Käsefondue kennengelernt. Beim ersten Mal
war es für mich schrecklich. Ich habe darauf die ganze Nacht Brot
gegessen. Später habe ich es nochmals versucht, und heute ist Käse-
fondue für mich eines der besten Essen.
Die Leute sind sehr nett, gerade, unkompliziert. Wenn man als Aus-
länder akzeptiert wird, kommt man sehr gut mit ihnen aus. Aber man
muss sich darum bemühen. In meiner Jugend hörte ich davon, dass die
Schweiz der Kühlschrank Europas sei, dass man hier ein kaltes, hartes
Leben führe, dass die Leute sehr hart, kalt und unfreundlich seien. Ich
habe aber erlebt, dass man die Kälte auftauen kann.
Die Schweiz ist ein schönes Land. Die Berge mag ich sehr und das
Wandern. Ich bin gerne in der Schweiz und fühle mich dort wohl.
Wenn ich nach einer Auslandsreise in die Schweiz zurückkehre, kommt
es mir vor, als ob ich nach Hause käme. Die Schweiz hat einen hohen
Wohlstand, sie hat keine Weltkriege erlebt. Für mich ist sie eines der
glücklichsten Länder der Welt. Ihre Demokratie ist ein Vorbild. Die
Schweizer Bevölkerung regiert die Schweiz. Wenn man es überall so
machen könnte, gäbe es sehr viel weniger Probleme auf der Welt.
Ich habe gute Freundschaften hier, aber sie sind anderes als Freund-
schaften unter Türken. Bei uns bedeutet ein Freund sehr viel. Wenn wir
einen Freund besuchen wollen, müssen wir nicht immer vorher
anrufen, wir gehen einfach hin. Und wenn wir da sind, ist das gut so.
Vielleicht war es in der Schweiz früher auch so; vielleicht hat der Wohl-
stand diese Offenheit zerstört und die Menschen egoistisch und eigen-
sinnig gemacht.
Die Schweiz ist ein reiches Land. Sie ist sehr stolz auf ihr humanitäres
Wirken in aller Welt, aber eigentlich müsste sie hier damit anfangen, bei
den Ausländern, die hier leben. Die sozialen und die Arbeitsbedin-
gungen müssten besser sein.
Bu
‚46