Liechtensteinische Rechtsordnung und EMRK gesetzeswidriger Verordnungen.26 Die normative Stufung Verfassung- Gesetz-Verordnung ist in Art. 104 Abs. 2 der Verfassung festgelegt.27 Wenn der Staatsgerichtshof über Gesetze oder Verordnungen urteilt, urteilt er bei deren Verfassungs- bzw. Gesetzeswidrigkeit kassatorisch, d. h. er hebt sie wie ein «negativer Gesetzgeben> (Hans Kelsen)28 mit Wirkung gegen alle auf.29 Eine merkwürdige Regelung enthält Art. 112 der Verfassung: «Wenn über die Auslegung einzelner Bestimmungen der Verfassung Zweifel entstehen und nicht durch Übereinkunft zwischen der Regie rung und dem Landtage beseitigt werden können, so hat hierüber der Staatsgerichtshof zu entscheiden.» Was bedeutet «Übereinkunft zwischen der Regierung und dem Land tage» über die «Auslegung einzelner Bestimmungen der Verfassung»? Historisch ist die Bestimmung über die Verfassung von 1862 (§ 122)30 in die 26 Art 25, 26, 27 und 28 StGHG. Eine Verordnung kann mit prozeduralen Mängeln bei ihrem Zustandekommen behaftet sein. Es kann ihr materiell die Gesetzesmässigkeit oder Verfassungsmässigkeit abgehen. Eine Verordnung, die materiell nicht gesetzeskonform ist, ist formal immer auch verfassungswidrig, weil die Verfassung Gesetzeskonformität (Art. 92 Abs. 1) verlangt. 27 Die Stufung ist auch an anderen Stellen angezeigt: Art. 43,64 Abs. 2 und 4,66 Abs. 1 und 2,92 Abs. 1,111 und 113 Verf; vgl. auch Art. 2,7 Abs. 1,10 Satz 1,13 Abs. 1,28 Abs. 3,62 lit. g, 78 Abs. 1, 90 Abs. 3, 92 Abs. 2,114 Abs. 1 und 2 Verf. 28 Z.B. Wesen und Entwicklung der Staatsgerichtsbarkeit, in: WDStRL, Heft 5,54 ff . Die Unterschiede zur negativen, aufhebenden Gesetzgebung sind unverkennbar: Die Auf hebung eines Gesetzes durch den Gesetzgeber ist wie die Schaffung eines neuen Gesetzes im Rahmen der Verfassung ein schöpferisch-politischer Akt und bedarf keiner weiteren Begründung. Das kassatorische Urteil dagegen ist immer reaktiv, bedarf der Begründung, die am Massstab der Verfassimg zu messen ist, und ist nur möglich, wenn ein Wider spruch des Gesetzes zur Verfassung besteht 29 Art. 104 Abs. 2 Verf; Art. 38 Abs. 2-4 StGHG. 30 § 122 der Verfassung von 1862 (vgl. LPS 8, 293) lautete: «Wenn über die Auslegung einzelner Bestimmungen der Verfassungsurkunde Zweifel entsteht, und derselbe nicht durch Übereinkunft zwischen der Regierung und dem
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