Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Anschlussgefahren unerkannt begegnet war, stellte sich dem Unterländer Haufen eingangs Schaan, im Besch-Rank, entgegen. Er konnte den gegen 40 Mann (und 1 Frau) starken Trupp - die Anführer der «Volksdeutschen» waren nicht bei ihnen - schliesslich zur Umkehr nach Nendeln veranlassen. In Triesen war­ teten unterdessen die dortigen Putschisten bis nach Mitternacht, ohne zu erfahren, warum nichts geschah. In Schaan spitzte sich im Verlaufe der Nacht die Konfrontation zwischen den Gegnern der in einem Haus ver­ sammelten «Volksdeutschen», zu denen der «Landesleiter» mit der enge­ ren Führung gestossen war, zu. Regierungschef-Stellvertreter Vogt, Regie­ rungsrat Pfarrer Frommelt und nach Mitternacht auch der von Lugano her­ beigeeilte Regierungschef Hoop suchten die Lager zu beruhigen und einen Gewaltausbruch zu verhindern. Gegen Morgen nahm die Regierung schliesslich die verbliebenen 18 Putschisten in Haft.65 Der Putsch war gescheitert. Entscheidend war dabei gewesen, dass von deutscher Seite aus die Reichsführung nicht in die Putschaktion involviert war. Verschiedene informelle Drähte ins Reich, so auch über Bankier Strack zu Staatsminister Otto Meissner und von diesem noch in der Putschnacht zu Hitler selber,66 trugen dazu bei, dass von Berlin aus die österreichischen wie die liechtensteinischen Putschisten keinen Sukkurs erhielten. Hitler rüffelte anschliessend den Gauleiter von Tirol und Vorarl­ berg, Franz Hofer.67 Der Widerstandswille der Bevölkerung und der Regierung war beim Putschversuch ebenfalls manifest geworden. Nicht nur hatten sich am Putschabend über hundert Personen in Schaan spontan zum aktiven Widerstand bereitgestellt - darunter di e Rover - und hatten die Regierungs- mitglieder der beiden Koalitionsparteien (FBP und VU) sich gegen die Put­ schisten gestellt und gemeinsam jene Vorhaben gestoppt und vereitelt. In der auf den Putsch folgenden Woche lancierte die «Heimattreue Vereini­ gung Liechtenstein», die seit Januar 1939 gegen landesverräterisches Trei­ 65 LLA RF190/95. - LLA GS 72/64. - Dokumente aus dem privaten Nachlass von Ferdi­ nand Nigg, Regierungssekretär und Regierungschef-Stellvertreter (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Prof. Ernst Nigg, Vaduz). - Interview des Verfassers mit a. Regie­ rungschef Dr. h. c. Alexander Frick, Schaan, vom 1. Juni 1988. - Interview des Verfassers mit a. Polizeichef Hermann Meier, Vaduz, vom 28. Juni 1989 - BA Bern, 2001 (E), Nr. 1969/262, Sek 12, B. 14.21. Liecht. 2.14. 66 Siehe die Zuschrift von Hans Otto Meissner, dem Sohn von Staatsminister Otto Meiss­ ner, im L. Vo. vom 8. März 1990: «Wie die Freiheit des Fürstentums Liechtenstein geret­ tet wurde». Die Episode ist glaubwürdig; einige Angaben bedürfen der Korrektur. 67 Interview des Verfassers mit Fürst Franz Josef IL vom 19. August 1988. 79
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.