Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Anschlussgefahren «Würde diese Idee verwirklicht, so hätte Liechtenstein in kurzer Zeit: Bahn, Licht, Gas, modernes Postwesen, mehr geistiges Leben, gewerb­ liche Unternehmungen, Banken und endlich auch Ordnung. Wäre das nicht viel? Hoffen wir daher auf eine Verständigung der beiden Nach­ barländer.»43 Dabei wies man aber den Gedanken, analog zu den Vorarlbergern etwa auch für Liechtenstein einen Totalanschluss an die Schweiz zu wünschen, von sich.44 Das von Dr. Eugen Nipp redigierte «Liechtensteiner Volksblatt», das die konservativ-bäuerliche «Fortschrittliche Bürgerpartei» vertrat, war ganz gegen einen Vorarlberger Anschluss an die Schweiz eingestellt, weil es gerade die Inselstellung Liechtensteins fürchtete. Diese könnte den Total­ anschluss auch Liechtensteins an die Schweiz und damit die Loslösung vom Fürstenhaus, jedenfalls aber einen Zollanschluss an die Schweiz und somit ein Abreissen aller alten, geschätzten Verbindungen nach Osten sowie eine innenpolitisch bedenkliche Umorientierung bedeuten. Liechtenstein solle abwarten, wie sich Deutsch-Österreich entwickle und dann entscheiden, ob es mit der Schweiz oder mit Österreich einen Zollvertrag anstreben solle; gefühlsmässig zöge man einen solchen mit Österreich vor. Entschei­ dend sei, Liechtensteins Selbständigkeit zu wahren. Man solle sich nicht in einen «Käfig aus lauter Gold und Silber flüchten». Mit Entrüstung wies es die im «Journal de Geneve» und im «St. Galler Tagblatt» gebrachte Aussage zurück, «die Mehrheit der Liechtensteiner... könnte sich ganz wohl mit dem Gedanken vertraut machen, selbst Schweizer zu werden.»45 Eine ernsthafte Tendenz zu einem Totalanschluss Liechtensteins an die Schweiz gab es im Lande im Zuge der Vorarlberger Bestrebungen offen­ sichtlich nicht. Es ging den Liechtensteinern auch nicht so sehr um das Schicksal der Vorarlberger, sondern um die wirtschaftliche Orientierung des eigenen Landes, um den künftigen Wirtschaftsanschluss. Hier drängte die «Volkspartei» vehement in Richtung Schweiz. Wolle man nicht den wirtschaftlichen Ruin, so müsse Liechtenstein so rasch als möglich mit der 43 O. Na., 15. März 1919, «Balzers». 44 O. Na., 31. Juli 1920, «Zur Politik der Wiener Gesandtschaft» (von Dr. Wilhelm Beck). 45 L. Vo., 7.Juni 1919, «Die Zukunft des Fürstentums Liechtenstein». Ahnlich L. Vo., 19. März 1919, «Hohe Politik», und L. Vo., 12. April 1919, «Politik und Luftschlösser». 69
	        

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