Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Anschlussgefabren schüsse aller Gemeinden beschworen zwar die «grosse deutsche Nation» als «unser grösseres Vaterland», aber sie schrieben auch an den Fürsten, sie wünschten, «dass wir unbeschadet der Einheit Deutschlands ein freies selbständiges Ganzes bleiben, dass man uns aber in Betracht der Kleinheit und unserer materiellen Mittel keine Opfer zumiuthe, die über unsere Kräfte gehen».23 Auch Fürst Alois IL wünschte tragbare Lasten, bei welchen «die Selbständigkeit nicht zum Fluche für kleine Staaten wird.»24 In der Paulskirche in Frankfurt wurden 1848 eine Reihe von Mediatisie- rungsvorschlägen eingebracht, mit dem Ziel, die Zahl der Kleinstaaten zu verringern und mit «Zwergbildungen wie Waldeck und Liechtenstein» auf­ zuräumen.25 Die kleinen Staaten sollten demnach auf Reichsunmittelbar- keit zurückgestuft oder zu grösseren Staaten zusammengeschlossen oder aber an grössere Nachbarstaaten angeschlossen werden. Liechtenstein wäre, da es an keinen andern Kleinstaat grenzte, Österreich einverleibt worden. Ein Votant in der Paulskirche meinte, in den kleinsten Staaten sei ja die Bildung einer Volksvertretung unmöglich.26 Doch am 5. Dezember 1848 lehnten die Paulskirchenabgeordneten die zwangsweise Mediatisie- rung knapp ab.27 Damit entging Liechtenstein einer erheblichen Anschluss­ gefahr, die von der deutschen Revolution - im Namen des Fortschritts - ausgegangen war. Immerhin rechnete Karl Schädler, als er Monate später in Frankfurt an der Reichsverfassung mitarbeitete, man werde in Deutschland «auf eine Bundesverfassung kommen, ähnlich der schweizerischen».28 Schädler stellte sich demnach Liechtenstein in einem deutschen Bundesstaat etwa in der Stellung eines deutschen Kantons vor. Bei der Beratung zu den künfti­ gen deutschen Parlamentskammern billigte man in der Paulskirche Liech­ 23 Adresse der liechtensteinischen Revolutionsausschüsse an den Fürsten, 24. März 1848, HAL Wien 1863/10370. Vgl. Geiger, Geschichte, 126. 24 Fürst Alois IL an den liechtensteinischen Bundesgesandten Freiherm von Holzhausen in Frankfurt, 25./26. Marz 1849, HAL Wien H 1691. Vgl Geiger, Geschichte, 127. 25 Zit. Geiger, Geschichte, 137. 26 Stenographischer Bericht, 3853 f. 27 Stenographischer Bericht, 3835 ff. 28 Schreiben Karl Schädlers aus Frankfurt an seinen Bruder Rudolf Schädler (Pfr. in Ben­ dern), 10. Febr. 1849, ITA Schädler Akten 312. 63
	        

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