Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Strukturbedingungen des Kleinstaates Andererseits ist es tröstlich zu wissen, dass der Spruch «Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand» offensichtlich in kleinstaatlichen Zusam­ menhängen entstanden ist.33 Des weiteren kann man selbstredend auch für den Verhaltens- oder Sprachstil und die autistischen Gefahrdungen der karikierten Spiegelsaal­ politiker im Kleinstaat durchaus Verständnis aufbringen, insofern ihr ge­ samtes Denken und Handeln, auch ihre privaten oder halbprivaten Kon­ takte und Verbindungen, ihre Meinungen und Attitüden, wie die anderer Meinungsführer und sonstiger Personen von öffentlichem Interesse, durch kursierende Gerüchte transportiert und verstärkt werden und sich gerade in Liechtenstein wegen der besonderen Kleinheit der Verhältnisse leicht zu einer Sache von geradezu «nationaler Bedeutung» stilisieren lassen. Was woanders bestenfalls von provinzieller Bedeutung ist, erreicht hier sehr schnell den Rang nationaler Bedeutsamkeit oder könnte ihn haben, da jedes kleine Problem zu einer Staatsfrage erster Ordnung gemacht werden kann. Zwischen der Mikro- und der Makroebene besteht keine allzu grosse Distanz, falls überhaupt, und es fehlt die mittlere, die Mesoebene. Zwi­ schenräume stehen nicht zur Verfügung. Doch fahren wir mit unseren modelltheoretischen Überlegungen fort. Auch auf der Systemebene kann von sozialer Polyvalenz oder Polymor­ phie gesprochen werden, insofern in Kleinstaaten vorzugsweise soziale Organisationsformen eingerichtet werden, die mit wenig Struktur auskom­ men und daher für neue Arrangements je nach Aufgabenstellung offen und zur Erbringung bedarfsgerechter funktionaler Leistungen einsetzbar und verfügbar sind Insofern Leistungen zwischen den sozialen Teilsystemen in Liechten­ stein stärker als in Grossflächenstaaten durch Personen hindurch übertra­ gen werden und hierzu eine hohe persönliche Leistungsbereitschait der so­ zialrelevanten Handlungsträger vonnöten ist, um der Multifunktionalität auch tatsächlich zu entsprechen, sind die Einfluss- und Wirkungschancen sowie die damit verbundenen Kompetenz- und Erfolgsgefühle grösser - wie überhaupt im Regelfall kleine Gruppen mehr kollektives Handeln pro Kopf aufweisen als grosse.34 Allerdings bestehen gleichzeitig weniger Frei­ räume von sozialer Kontrolle oder öffentlicher Normierung, sind die Mög­ 33 Siehe Cappis, 35. 34 Olson, 43. 29
	        

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