Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Handlungsbedingungen der Parteien Dies wirkt sich auch auf die Programmarbeit aus. Trotz der Zu- oder Vorarbeiten in den erwähnten Ausschüssen ist das Erstellen von Program­ men die Arbeit einiger weniger. Das entspricht einmal dem tradierten Muster, es ist aber offensichtlich auch schwer, diese Arbeit auf eine breitere Basis zu stellen. Die meisten haben eher ein partikulares Interesse an Politik und wollen vor allem, dass ihre Partei die Mehrheit behält oder erringt Dass dafür Programme entscheidend seien, wird eher bezweifelt. Das hat sicher auch etwas mit den geringen programmatischen Unterschieden zu tun. Tatsächlich ist die Entwicklung des Parteiwesens in Liechtenstein stark durch die Besonderheit geprägt, dass die Parteibildung auf bürgerliche Par­ teien beschränkt geblieben ist und auch dieses Spektrum nicht ausschöpft, weil die Voraussetzungen für eine liberale Partei im kontinentaleuro­ päischen Sinn ebenfalls nicht vorhanden waren. Für die Parteiorganisation hat sich nachhaltig ausgewirkt, dass die Entwicklungsstufe der Klassenpar­ tei keinen Niederschlag gefunden hat und dass dadurch die traditionell von den Arbeiterparteien ausgehende Beschleunigung des Ausbaus der Partei­ organisationen ausgeblieben ist. Die Parteien haben sich nach dem Muster der bürgerlichen Parteien des 19. Jahrhunderts über persönliche Beziehungen konstituiert, und sie wur­ den jahrzehntelag durch persönliche Kontakte und die Kenntnis darüber zusammengehalten, wer zur eigenen Seite zu zählen ist, wenn es um Wah­ len, Ämterbesetzungen und Dienste für die Partei geht. Die geringe Zahl der wahlberechtigten Bürger in den Gemeinden in Verbindung mit der Kleinheit des Landes, die zur Parteinahme auffordernden Begleiterschei­ nungen des Parteibildungsprozesses und die Konfrontationen der zwanzi­ ger und dreissiger Jahre haben diesem Zustand Dauer verliehen. Das Verhältnis zwischen Partei und Wähler ist auch heute noch dadurch geprägt, dass es die Unterscheidung in Mitglied und Wähler nicht wirklich gibt. Am ehesten kann man den aktiven und den stillen Anhänger unter­ scheiden. Beide Parteien gehen von den ihnen traditionell verbundenen Familien aus, wenn es darum geht, Bürger und Bürgerinnen zu nominie­ ren. Wer ein Amt übernimmt, ist bei der Partei Mitglied, die ihn nominiert. FBP, FL und UeLL kennen darüber hinaus die erklärte Mitgliedschaft. Trotz den geringen programmatischen Unterschieden gibt es auch in der liechtensteinischen Politik Aufgaben, deren Erfüllung den Konflikt zwischen Bürgerinteressen und zukunftsorientierter Politik aufwirft. Als Beispiele können die Einführung des Frauenstimmrechts, die Anstrengun­ 273
	        

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